Inklusionsprojekt im sozialpsychiatrischen Zentrum Lindenthal (DRK Kreisverband Köln)

Kurzdarstellung der Aktivität

Je länger Menschen mit psychischen Erkrankungen sich vor allem in sozialpsychiatrischen Einrichtungen bewegen, desto einfacher erscheint es zunächst, in diesen Bezügen zu verbleiben, die häufig ein Mehr an Akzeptanz für Andersartigkeit und Diversität bieten.  Innerhalb dieses „Schonraumes“ können vielfach weitere Negativerfahrungen vermieden werden.  Dennoch zeigt sich in der praktischen Arbeit, dass viele Personen sich neben einem sozialpsychiatrischen Rückzugsraum auch zusätzliche Optionen der  Teilhabe  im Gemeinwesen wünschen.

Im Rahmen des dreijährig angelegten Inklusionsprojektes im Sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ) Köln Lindenthal soll daher die Teilhabe der Nutzer/innen des SPZ gefördert werden. Zum einen werden diese gezielt dazu ermutigt, bestehende Angebote außerhalb des Sozialpsychiatrischen Zentrums in Anspruch zu nehmen, zum anderen soll durch umfassende Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit die Akzeptanz der Bürger/innen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen gesteigert werden. Der Sozialraum rund um das SPZ und deren Nutzer/innen wird in den Blick genommen – immer unter der Fragestellung: Wie können inklusive Prozesse in Bezug auf Menschen mit psychischen Erkrankungen ganz konkret angestoßen werden? Maßnahmen innerhalb des vom LVR geförderten Projektes sind dabei u.a. die Initiierung von Veranstaltungen, die Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung ermöglichen und bewusstseinsbildende Effekte erzielen; individuelle Beratung bei der Umsetzung von Teilhabewünschen der Nutzer/innen und die Begleitung zu bestehenden Angeboten im Gemeinwesen außerhalb des SPZ. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung wurde großer Wert auf die Beteiligung der Nutzer/innen gelegt und entsprechende Partizipationsstrukturen geschaffen.

Das Projekt knüpft damit unmittelbar an die Inhalte der UN-Behindertenrechtskonvention an, insbesondere an Artikel 8 (Bewusstseinsbildung), Artikel 9 (Zugänglichkeit), Artikel 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft) und Artikel 30 (Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport).

Lebensbereich

  • Bildung
  • Freizeit
  • Unterstützung
  • Öffentlicher Raum
  • Bürgerschaftliches Engagement
  • Kommunikation und Interaktion

Gebietskörperschaft

  • Kreisfreie Stadt (50674 Köln)

Einwohnerzahl

ca. 1 Millionen

Zuordnung zu Dimensionen

  • Partizipation und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen
  • Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Idee der Inklusion
  • Gestaltung einer barrierefreien Infrastruktur
  • inklusive Gestaltung von Bildungseinrichtungen und anderen Diensten des öffentlichen Lebens  

Ausschlaggebender Impuls

Das   Sozialpsychiatrische  Zentrum  Köln   Lindenthal   steht   im   Stadtteil allen Menschen offen, die im  Rahmen einer psychischen Erkrankung oder Behinderung Hilfe und Beratung suchen. Viele Besucher/innen des SPZ nutzen aufgrund von Schwellenängsten oder begrenzter finanzieller Mittel nur selten Angebote des Gemeinwesens außerhalb des psychiatrischen Kontextes. Zudem wurde durch das SPZ vor Beginn des Projektes – aufgrund begrenzter personeller Kapazitäten – kaum eine aktive Vernetzung im Gemeinwesen gepflegt. Außenaktivitäten fanden nur vereinzelt und unregelmäßig statt. Eine Begleitung von Hilfesuchenden zu Angeboten im Gemeinwesen war vor Beginn des Projektes fast ausschließlich im Rahmen des Ambulant Betreuten Wohnens möglich.

Im Rahmen eines Koordinatoren-Treffens der Sozialpsychiatrischen Zentren im Raum Köln wurde das Anreizprogramm des LVR zur inklusiven Sozialraumgestaltung vorgestellt. Man einigte sich gemeinsam darauf, dass sich ein SPZ aus dem ländlichen und eins aus dem städtischen Bereich für das Anreizprogramm bewerben. Das SPZ Lindenthal schien aus den bereits genannten Gründen dabei sehr geeignet, weshalb Rolf Meyer, die Leitung des Sozialpsychiatrischen Zentrums, einen Projektantrag beim LVR stellte, der bewilligt wurde.

Ziele des Projekts

Ziele des Inklusionsprojektes im SPZ Lindenthal sind insbesondere:

  • die Verbesserung von Chancen der sozialen Teilhabe

„Menschen   mit   Behinderungen   haben   das   Recht, die   von ihnen   gewünschten

Angebote zur Erreichung der Teilhabeziele selbstbestimmt auszuwählen. Ein Ziel des Projektes ist es zu analysieren, ob das  individuell erforderliche Leistungsangebot für Menschen  mit  psychischen  Behinderungen  und  psychischen  Erkrankungen  auch tatsächlich verfügbar ist; und so das Recht auf personenzentrierte Unterstützung und Begleitung sowie die Wunsch- und Wahlrechte im Quartier realisiert werden können“ (aus dem Projektantrag)

  • die Nutzung von Hilfsangeboten außerhalb der Eingliederungshilfe

„Ziel   ist   hierbei   eine   Leistungserbringung, die   sich an    einer    individuellen, Bedarfslage des  Erkrankten  orientiert,  die  in  den Sozialraum  hineinführt  und  z.B. den   Besuch  oder   die   Unterstützung   von   „normalen“   Dienstleistern,  Ämtern   und Veranstaltungen  ermöglicht. Individuelle Vorstellungen  und  Wünsche  sind  hier  von allen Handelnden zu akzeptieren, zu respektieren und bei Bedarf zu begleiten“ (aus dem Projektantrag).

  • die Steigerung der Akzeptanz von Menschen mit psychischen Erkrankungen und die inklusive Gestaltung des Sozialraums

„Im Rahmen  des  Projektes  soll  es  außerdem  darum  gehen,  die  Akzeptanz  von Menschen,   die   unterschiedliche  Angebote   der   Gemeindepsychiatrie   nutzen,   im Quartier zu ermitteln und zu verbessern um darüber die Chancen und Möglichkeiten der   gleichberechtigten   Teilhabe   an   verschiedenen   Lebensbereichen   wie   z.B. Freizeitaktivitäten, Wohnen, Arbeit und Beschäftigung oder sozialen Beziehungen zu erhöhen“ (aus dem Projektantrag).

Die Ziele des Inklusionsprojektes im SPZ Lindenthal knüpfen damit in vielfältiger Weise an die der UN-Behindertenrechtskonvention an: Zugangsbarrieren zu öffentlichen Einrichtungen und Diensten (vgl. Artikel 9 UN-BRK), Klischees und Vorurteile in der Bevölkerung gegenüber Menschen mit Behinderung sollen abgebaut (vgl. Artikel 8 UN-BRK) und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (vgl. Artikel 19 UN-BRK) – u.a. im Bereich der Freizeit (vgl. Artikel 30 UN-BRK) – gefördert werden. 

Maßnahmen

Das Inklusionsprojekt verknüpft sich mit vielfältigen Maßnahmen und Strategien zur Förderung der Teilhabe auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Diese zielen darauf, die Beteiligung an vorhandenen Angeboten im Stadtbezirk zu verstärken. Außerdem sollen sie die aktive Zusammenarbeit in vorhandenen Arbeitsgruppen im Stadtteil und ggf. die Gründung neuer Kreise und Gruppen anregen. Es sollen Aktivitäten initiiert werden, die alle Bürger/innen aus dem Stadtbezirk nutzen können (vgl. Projektantrag).

Die Maßnahmen gliedern sich in folgende Bereiche:

Netzwerkanalyse und Bedarfserhebung:

Bei den Nutzer/innen des SPZ wurde eine Befragung zu ihren Bedürfnissen und Interessen in Bezug auf die eigene
Teilhabe durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass sich die Mehrheit der Nutzer/innen mehr Teilhabe und eine „Öffnung“ des SPZ wünschen.

Im Rahmen einer Netzwerkanalyse wurde – durch eine umfassende Recherche und Kontaktaufnahme – zudem in den Blick genommen, welche Einrichtungen, Dienste und Aktivitäten im Stadtteil bereits vorhanden sind.

Netzwerkaufbau und Öffentlichkeitsarbeit  im Sozialraum:

Es wird gezielt Kontakt zu anderen außer-psychiatrischen Einrichtungen (Freizeitgruppen, Dienste, Bürgervereine, Initiativen etc.) aufgenommen, mit dem Ziel Kooperationen anzuregen und zu pflegen. Zudem werden regelmäßig Aktionen im Sozialraum durchgeführt. Fest etablierte Aktivitäten sind beispielsweise eine Bowling- und Billard-Gruppe und regelmäßige Vorlesenachmittage in (und in Kooperation mit) der evangelischen Kirchengemeinde Klettenberg. Alle interessierten Bürger/inne/n (z.B. Nachbar/inne/n) werden zu Angeboten und Veranstaltungen des SPZ eingeladen.  Dabei sollen bestehende Vorurteile und Ängste abgebaut werden. So fanden u.a. bereits Einladungen im Rahmen der Woche der seelischen Gesundheit und im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Vorleseabenden statt. Weiterhin ist es Bestandteil des Projektes, Bürger/innen für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Durch die Mitwirkung an einem Schulprojekt gemeinsam mit dem SPZ Ehrenfeld und dem Verein Rat und Tat (Hilfsgemeinschaft für Angehörige von psychisch Kranken), das der Aufklärung von Schüler/inne/n über psychische Erkrankungen dient, wird im Sinne des Artikels 8 der UN-BRK zur Bewusstseinsbildung beigetragen, die grundlegend für die zukünftige Umgestaltung des Gemeinwesens ist. Im Rahmen des Projektes berichten Psychiatrieerfahrene, ihre Angehörigen und Professionelle von ihren persönlichen Erfahrungen und kommen mit den Schüler/innen ins Gespräch.

Neben der Förderung des Austausches auf der professionellen Ebene ist eine breite Öffentlichkeitsarbeit elementarer Bestandteil des Projektes. Zudem wird das Projekt – im Rahmen von Netzwerktreffen der Fachöffentlichkeit vorgestellt sowie durch Fachartikel die Bedeutung von Inklusion im Kontext der Sozialpsychiatrie diskutiert.

Individuelle Beratung und Begleitung:

Alle Personen, die sich eine Teilnahme an bestehenden Angeboten im Sozialraum nicht alleine zutrauen, haben die Möglichkeit auf eine Begleitung zurückzugreifen. Dabei soll ihnen die Möglichkeit geboten werden, neue Kontakte zu knüpfen, statt diese ausschließlich im Kontext der Sozialpsychiatrie zu pflegen. Ausgangsbasis sind dabei Einzelberatungen, welche Aufschluss über die individuellen Teilhabewünsche geben können.

Partizipation:

Möglichkeiten der Beteiligung sollen eröffnet werden. So werden beispielsweise in einer wöchentlich stattfindenden „Termin-Gruppe“ mit allen Interessierten Ideen für Aktivitäten gesammelt und diese geplant. Zudem findet einmal im Quartal eine Vollversammlung statt, in der es für alle Nutzer/innen ebenfalls die Möglichkeit gibt, eigene Wünsche zu äußern.

Beteiligte und Netzwerke

Verantwortlich für die Durchführung des Projektes sind Rolf Meyer (Leiter des SPZ) und Dr. Yvonne Kahl (Leiterin des Inklusionsprojektes bis Oktober 2016) / Jennifer Brendel (Leiterin des Inklusionsprojektes ab November 2016). Die Aufgaben der Projektleitung umfassen insbesondere die Organisation des Projektes und die Durchführung von thematisch daran angegliederten Fortbildungen / Informationsveranstaltungen und Beratungsangeboten.

Im Rahmen des Projektes spielt die Zusammenarbeit mit den Nutzer/innen eine entscheidende Rolle, so findet beispielsweise eine enge Abstimmung mit dem Nutzerrat statt (der u.a. bei der Entwicklung des Fragebogens zu Beginn des Projektes mitwirkte).

Wichtige Kooperationspartner sind die Sozialpsychiatrischen Zentren Remscheid und Ehrenfeld, die PSAG Köln, das Seniorennetzwerk Lindenthal und die evangelische Kirchengemeinde Klettenberg. 

Finanzierung und Ausstattung

Das Projekt wird im Rahmen des LVR-Anreizprogramms zur inklusiven Sozialraumgestaltung gefördert. Jährlich stehen Gelder von insgesamt 70.000 Euro zur Verfügung, die in die Finanzierung der Leitungsstelle und der anfallenden Verwaltungskosten fließen.

Zusätzlich benötigte Ressourcen (wie z.B. Fahrtkosten) werden aus einem Topf mit Benefizgeldern des Deutschen Roten Kreuzes (Träger des SPZ) beantragt.

Projektablauf und zeitliche Rahmung

Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und startete offiziell im Oktober 2014. Während der ersten 1,5 Jahre des Projektes lag der Fokus der Arbeit zunächst auf der Etablierung grundständiger regelmäßiger Angebote des SPZ, die im Stadtteil und außerhalb des psychiatrischen Kontextes durchgeführt werden (z.B. Bowling-Gruppe, Museums-Gruppe, Café-Gruppe), um das Angebotsspektrum des SPZ zu erweitern. Diese Aktivitäten werden durch die Sozialpsychiatrie organisiert, Berührungspunkte mit Akteuren des gesellschaftlichen Lebens werden hierbei bewusst fokussiert. Den derzeitigen Nutzer/inne/n des SPZ wird so die Möglichkeit geboten, die Teilhabe an Freizeit und Erholung und am Gemeinschaftsleben zu erproben, ohne den geschützten Raum der Psychiatrie gänzlich zu verlassen.

Die Installierung von Angeboten im Gemeinwesen für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung, die durch das SPZ angeregt werden und mit Einrichtungen des Gemeinwesens umgesetzt werden, ist Ziel für die verbleibenden 1,5 Jahre des Projektes. Hier ist weiter angedacht gemeinsam mit Sportvereinen, Bürgerzentren und Volkshochschulen einzelne Veranstaltungen zu entwickeln, die bewusst nicht nur für „Menschen mit und ohne Behinderung“, sondern auch für „Menschen mit und ohne psychische Erkrankung“ geplant werden, um diese Zielgruppe explizit einzubeziehen. Die Kontakte sollen auf Grundlage der bisherigen Netzwerkarbeit der Projektverantwortlichen hergestellt werden.

Inklusive Ausrichtung des Projektes und Gemeinwesenbezug

Das Projekt weist einen klaren Gemeinwesenbezug auf, indem es insbesondere darauf zielt, den „Lebens- und Schonraum“ SPZ zu öffnen. Dies bedeutet vor allem, dass die Nutzer/innen des SPZ dazu motiviert werden, Angebote außerhalb der Einrichtung wahrzunehmen und im Sozialraum aktiv zu werden. Dies bedeutet zum Teil aber auch, dass sich das SPZ selber für Interessierte von „außen“ öffnet, indem zum Beispiel zu gemeinsamen Aktionen innerhalb der Einrichtung eingeladen wird. Somit trägt das Projekt dazu bei, Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung zu fördern.

An diesem offenen Prozess können sich alle Interessierten beteiligen und gemeinsam ausprobieren.

Nachhaltigkeit

Die beschriebenen Veränderungen innerhalb des Sozialpsychiatrischen Zentrums sollen auch nach Ablauf der Projektförderung bestehen bleiben. Zentral ist hierbei vor allem der Fortbestand der Vollversammlungen und Termin-Gruppen, die wichtige Gremien zur Besprechung der Bedürfnisse der Nutzer/innen sind. Die im Rahmen des Projektes angestoßene „Kultur der Partizipation“ soll weiterbestehen und stetig fortentwickelt werden. Besonderes Ziel ist, dass die Angebote, die im Gemeinwesen noch angeregt werden nach einer Anlaufphase auch unabhängig von der Einrichtung bestehen können. Einrichtungen und Akteure, die keinen vorrangigen Bezug zur Behindertenhilfe/Psychiatrie haben, sollen somit zu den Hauptansprechpartner/inne/n der jeweiligen Aktionen werden.

Gesamteinschätzung

Das Projekt zeichnet sich durch eine Vielfalt unterschiedlicher Maßnahmen und Ziele aus, die alle an die Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention anknüpfen (hier insbesondere Artikel 8, 9, 19 und 30).

Konkreter Ausgangspunkt aller Maßnahmen waren dabei die Wünsche und Ideen der Nutzer/innen des SPZ, welche von Anfang an den gesamten Prozess  aktiv mitgestalten konnten.

Auch wenn sich Veränderungen und Erfolge häufig nur langsam und im Kleinen zeigen, verbindet sich mit dem Projekt das Potential, nachhaltig zur Bewusstseinsbildung beizutragen. Es kann Menschen mit Beeinträchtigung ermöglichen, vertraute Kontexte und Schutzräume zu verlassen und Menschen ohne Beeinträchtigung dazu ermutigen, sich auf neue Begegnungen einzulassen. Damit dies langfristig gelingt, sind jedoch tragfähige Kooperationspartner und Menschen, die aktiv Impulse setzen und sich verantwortlich fühlen, sehr wichtig.

Einschätzung der Projektverantwortlichen

Im Rahmen des Projektes gibt es einen hohen Gestaltungsspielraum. Dies bietet zum einen den Vorteil, auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer/innen eingehen zu können. Zum anderen gelingt es so auch immer wieder, dass Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen Unterstützung erfahren, die nur eine kurzfristige punktuelle Hilfe (wie beispielsweise die Begleitung bei einem Behördengang oder eine kurze Beratung), aber keine umfassende psychosoziale Beratung oder Alltagsbegleitung benötigen.

Auch wenn sich viele der SPZ-Nutzer/innen im Rahmen der Befragung die Teilnahme an Sportangeboten außerhalb des SPZ wünschten, stieß die praktische Umsetzung laut Aussage der Projektverantwortlichen dabei an Grenzen. Hier zeigte sich, dass die Teilnahme an regulären Angeboten – selbst wenn diese relativ niedrigschwellig waren (wie z.B. Sitzgymnastik für Senioren) – häufig mit einer Überforderung (z.B. in physischer Hinsicht, wenn lange Zeit kein Sport mehr getrieben wurde) einhergingen, die zu Demotivation führten. Zugleich zeigten sich bei den Anbietern von Sportangeboten oftmals gewisse Vorbehalte bezüglich der Beteiligung psychisch Erkrankter. An dieser Stelle würden sich engere Kooperationen zwischen dem SPZ und Sportvereinen anbieten, die der Projektleitung ermöglichen würden, im Kontext des regulären Sportangebotes im Gemeinwesen den oder die betreffende erkrankte Person direkt zu unterstützen. Ebenso könnte so auf Ängste und Unsicherheiten der Anbieter eher eingegangen werden.

Auch die Einbindung von Ehrenamtlichen erwies sich als schwierig. Nachdem die Nutzer/innen leider sehr negative Erfahrungen im Rahmen einer ehrenamtlichen Begleitung machen mussten (hier kollidierten die privaten Interessen der ehrenamtlichen Begleitung mit den Werten des Trägers), zeigten die Nutzer und Nutzerinnen bisher kein weiteres Interesse an der Einbindung von Ehrenamtlichen.

Ebenfalls die Einbindung anderer Menschen im Sozialraum – wie z.B. Nachbar/inne/n – war mit Herausforderungen verbunden. Zwar wurde das Projekt in der Regel positiv begrüßt, konkrete Kooperationen und Aktionen kamen jedoch nur zustande, indem die Projektleitung Impulse setzte und konkrete Aktionen anstieß.

Neben allen Schwierigkeiten, konnten jedoch durchaus auch viele Erfolge erzielt werden. So wurden ganz unterschiedliche Kooperationen und Aktivitäten angestoßen.  Positive Wirkungen des Projektes, die sich schon jetzt deutlich abzeichnen, sind nach Einschätzung der Projektleitung insbesondere die höhere Beteiligung und Mitsprache der Nutzer/innen. Insgesamt gebe es mehr „Dynamik“ im SPZ. Dabei zeigten sich die Mitarbeiter/innen sehr offen für die individuellen Anliegen und Ideen der Nutzer/innen.

In Bezug auf die Konzeption des Projektes wäre es nach Einschätzung der Projektleitung im Nachhinein ggf. sinnvoller gewesen, die Leitung auf eine halbe Stelle zu reduzieren und dafür die Projektlaufzeit entsprechend zu verlängern – insbesondere, da sich Erfolge eher langsam und kleinschrittig einstellen.

Im Hinblick auf die Fortführung der Projektziele nach Ablauf der Förderphase ist es gemäß der Einschätzung der derzeitigen Projektleitung wichtig, dass nach wie vor viele Impulse vonseiten der Mitarbeiter/innen des SPZ gesetzt werden, die sowohl die Nutzer/innen, als auch die Kooperationspartner für konkrete gemeinsame Aktivitäten gewinnen.

Als besonders relevant für das Gelingen eines solchen Projektes sei, so die Projektleitung, die gemeinsame kritische Auseinandersetzung des gesamten Teams im SPZ mit dem Thema Inklusion und die Überlegung was dies für die Arbeit ganz konkret bedeuten kann. Dabei sei es von Vorteil, wenn jemand offiziell mit der Umsetzung von Inklusion beauftragt ist und aktiv zu einer veränderten Haltung beiträgt bzw. immer wieder für das Thema sensibilisiert.  Es könne  durchaus von Vorteil sein, wenn eine solche Aufgabe eine Person übernimmt, die vorher noch nicht in der Organisation tätig war (wie es in diesem Projekt auch der Fall war) und somit durch eine neue Perspektive bereichert. Wichtige Anforderungen seien dabei ein großes Durchhaltevermögen, denn Erfolge zeigen sich in der Regel im Kleinen und brauchen Zeit. Dabei mache es Sinn, sich auch immer wieder die Zielgruppe und deren Herausforderungen zu vergegenwärtigen. So könnten Dinge, die zunächst alltäglich scheinen, für einige Nutzer/innen große Entwicklungsschritte bedeuten. Wichtig sei zudem, dass man den Prozess offen und gemeinsam gestalte. Es sei wichtig, alle zu beteiligen und zunächst vieles auszuprobieren, ohne „vorgefertigte“ Wege zu gehen.

allgemeine Informationen und Materialien

Kahl, Y. (2016): Inklusion und Teilhabe aus der Perspektive von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Köln: Psychiatrie Verlag.

Kahl, Y. (2016): „Dabei sein ist nicht alles“ – Der Begriff von Teilhabe und die Anforderungen an inklusive Projekte in der Sozialpsychiatrie. Kerbe – Forum für soziale Psychiatrie, 34 (1), 34-37.

Kahl, Y. (2015): Inklusion durch das SGB IX? Barrieren der Teilhabe psychisch erkrankter Menschen im System der Rehabilitation und neue Perspektiven durch die UN-BRK. Sozialpsychiatrische Informationen, 45 (3), 5-7.

Offizielle Homepage des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Köln e.V. Sozialpsychiatrisches Zentrum Lindenthal. Online verfügbar unter: www.drk-koeln.de/was-wir-tun/fuer-kranke-menschen/sozialpsychiatrisches-zentrum-lindenthal.html, zuletzt geprüft am 19.09.2016.

Papillon Life. Sozialpsychiatrische Nachrichten vom unteren Niederrhein. Ausgabe: März 2015. Online verfügbar unter: www.vereinpapillon.de/images/stories/P_Life/2015/2015-03.pdf, zuletzt geprüft am 19.09.2016, S. 3–5. (ab Seite 3)

Projektantrag. Online verfügbar unter: https://dom.lvr.de/lvis/lvr_recherchewww.nsf/54763840AF3A0515C1257CCF003DB854/$file/13-3639%20anlage%202.pdf, zuletzt geprüft am 20.09.2016.

Ansprechpartner/in

Jennifer Brendel

Luxemburger Wall 12

50674 Köln

Tel.: 0221 44 52 10

Email: spz-inklusion.fb3@drk-koeln.de

 

Bildrechte

Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden uns von den jeweiligen Projektverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dem Projektpartner bleiben alle Urheberrechte vorbehalten.