Grüntal gGmbH

Branche: Garten- und Landschaftspflege, Facility Service, Malerhandwerk

Unternehmensleitung/Trägerschaft: Diakonie, GESA Stiftung

Ort: Wuppertal

Kurzbeschreibung:

Begonnen hat alles mit der Pflege von Grünanlagen, inzwischen bietet die Grüntal gGmbH einen umfangreichen Service rund um Haus und Garten im Wuppertaler Raum. Mit Dienstleistungen in den drei Bereichen Garten- und Landschaftsbau, Malerhandwerk und Facility Services/Handwerkliche Dienstleistungen, welches Gebäudereinigung beinhaltet, ist die Grüntal gGmbH Wuppertals größtes Inklusionsunternehmen (Stand: Oktober 2019), in dem Menschen mit und ohne Behinderungen im Team zusammenarbeiten.

Der Inklusionsbetrieb Grüntal gGmbH wurde 2013 als Tochterunternehmen der GESA gegründet. Die GESA ist Mitglied im Diakonischen Werk Rheinland Westfalen Lippe. Seit 2016 sind alle zugehörigen Unternehmen der GESA-Gruppe unter der gemeinnützigen GESA  Stiftung zusammengefasst (weiterführende Information zur Trägerstruktur finden Sie hier). Sie orientieren sich an einem gemeinsamen Leitbild und sind nach dem Motto „Für die Menschen, für die Stadt“ aktiv. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Menschen durch Arbeit und Ausbildung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen.

Die Grüntal gGmbH beschäftigt derzeit insgesamt 15 Mitarbeiter/inne/n, sechs davon mit einer anerkannten Schwerbehinderung (Stand: Oktober 2019) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Beschäftigten arbeiten in inklusiven Teams zusammen und werden je nach Qualifikation in einer der drei Fachabteilungen des Betriebes eingesetzt. Das Unternehmen engagiert sich darüber hinaus im Wuppertaler Raum für gemeinnützige Vereine und Projekte. Als Ausbildungsbetrieb eröffnet die Grüntal gGmbH auch jungen Menschen den Weg ins Arbeitsleben.

Der Betrieb nutzt neben betriebseigenen Mitteln die Förderung durch den Landschaftsverband LVR. Das beinhaltet investive Leistungen zur Schaffung/Ausstattung von Arbeitsplätzen für Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung sowie einen pauschalen Beschäftigungssicherungszuschuss (BSZ, früher: Minderleistungsausgleich) von 30% für jede/n Mitarbeiter/in mit Behinderung. Darüber hinaus werden zusätzliche Fördermittel bei Stiftungen, Wohlfahrtsverbänden, privaten Förderorganisationen und Sozialorganisationen beantragt. Anfang 2017 erhielt das Unternehmen die Zusage für eine sechsstellige Fördersumme der Aktion Mensch.

Besonderheiten der inklusiven Arbeit

Die zugehörigen Unternehmen der GESA-Gruppe arbeiten eng zusammen und nutzen Synergien, um Menschen mit Behinderungen oder in anderen erschwerten Lebenssituationen neue Perspektiven zu bieten. Durch den Unternehmensverbund der GESA Stiftung profitiert die Grüntal gGmbH daher in vielerlei Hinsicht von den Kompetenzen ihrer Partnerunternehmen und kann ihren Mitarbeiter/inne/n auf kurzem Wege Unterstützungsmöglichkeiten verschiedener Art anbieten: Die GESA (Beratung & Qualifizierung) unterstützt mit ihrer Fachkompetenz die Grüntal gGmbH beim Coaching der Mitarbeiter/innen. Gemeinsam mit der Ventura (Personaldienstleistungen) eröffnet sie durch Vermittlung direkte Wege in Arbeit und Beschäftigung. In der GESA Akademie (Berufliche Weiterbildung) halten sich die Mitarbeitenden fachlich auf dem neuesten Stand. Die Reditus besitzt und bewirtschaftet Gewerbeimmobilien, in denen die GESA ihre Projekte durchführt, während die Grüntal gGmbH sich als Dienstleisterin um die Pflege der Wohn- und Gewerbeimmobilien der Reditus kümmert.

Die GESA Stiftung ist ein auf Dauer angelegter Unternehmensverbund. Dadurch kann die Grüntal von Kontinuität und − aufgrund ihres hohen Stammkapitals – von wirtschaftlicher Solidität profitieren, wodurch die wirtschaftliche Tragfähigkeit und eine nachhaltige Beschäftigung der Mitarbeiter/innen bei der Grüntal gGmbH langfristig gesichert wird.

Bei der Grüntal gGmbH sind insbesondere Menschen mit Sinnesbehinderungen und Menschen mit Lernschwierigkeiten beschäftigt. Die Arbeitsbedingungen werden daher an die Bedürfnisse der Mitarbeiter/innen angepasst und ggf. neu organisiert, z.B. durch den Einsatz von speziell ausgerüsteten Arbeitsmitteln wie Werkzeuge und Maschinen. So kann bereits durch die Verwendung von Geräten mit einem Akku, die weniger Gewicht haben, eine Erleichterung bei der Verrichtung von Arbeiten geschaffen werden. Diese Anpassungen erfolgen stets sehr individuell. Die Zusammenstellung erfolgt mit Hilfe der „Fachstelle für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz“ sowie aus Mitteln des Persönlichen Budgets durch die Landschaftsverbände.

Die Mitarbeiter/innen werden vorwiegend auf verschiedenen Baustellen beim Kunden eingesetzt. Weil der Betrieb keinen Einfluss auf die Baustellen vor Ort hat, kann hier räumliche Barrierefreiheit kaum ermöglicht werden, z.B. durch Fahrstühle, Rampen o.ä.. Barrierefreiheit auf diesen wechselnden Arbeitsplätzen wird daher durch mobile Hilfsmittel ermöglicht, unter anderem durch den Einsatz spezieller Arbeitsmittel, die sowohl individuell wie auch gemeinschaftlich genutzt werden können. Diese Arbeitsmittel werden auf den Bedarf einer Person und/oder Behinderungsart zugeschnitten. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz eines Spezialmähers im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Dieser verfügt neben akustischen Signalen auch über ein Display, visuelle Signalleuchten sowie Vibrationsalarm, damit z.B. den Mitarbeiter/inne/n mit Hörbeeinträchtigungen signalisiert wird, wann der Auffangkorb voll ist. Der Mäher kann aber von allen Mitarbeiter/inne/n genutzt werden.

Neben den Arbeitsmitteln werden auch die Arbeitsanweisungen flexibel organisiert. Die Mitarbeiter/innen mit Hörbeeinträchtigungen verfügen über Vibrationsgeräte als Signalgeber, damit ihre Kolleg/inn/en sie auf den Baustellen erreichen können, wenn sie nicht in Sichtweite sind. In Planung ist (Stand Oktober 2019) außerdem die Anschaffung eines bedienerfreundlichen Tablets, welches beispielsweise für das Zuschalten von mobilen Gebärdensprachdolmetscher/inne/n und anderen Assistenzleistungen genutzt werden kann.

Die inklusive Zusammenarbeit wird insgesamt als positiv erlebt. Menschen mit und ohne Behinderungen lernen von- und miteinander, sowohl auf der menschlichen Ebene als auch auf der Ebene der beruflichen Kenntnisse. Daher basiere die Zusammenarbeit auf gegenseitigem Respekt, die Mitarbeiter/innen profitieren voneinander. Diese Basis müsse sich jedoch in den meisten Fällen erst entwickeln, denn Barrieren in den Köpfen gebe es immer zu Beginn der Zusammenarbeit. Mitarbeiter/innen ohne Behinderungen haben oftmals zunächst Berührungsängste und Vorurteile beispielsweise gegenüber der Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen, besonders dann, wenn sie vor der Zusammenarbeit keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderungen hatten. Die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen auf der gleichen Ebene werde von den Mitarbeitenden ohne Behinderungen oft als stigmatisierend empfunden und verursache Schamgefühle gegenüber Außenstehenden. Erst durch die Erfahrungen im Arbeitsleben miteinander gelinge es, einstellungsbedingte Barrieren nach und nach abzubauen. So erfahren die Mitarbeiter/innen ohne Behinderungen, dass es kein Stigma ist, mit Menschen mit Behinderungen zusammenzuarbeiten und dass diese weder krank noch “leistungsunfähig” sind.

Um die Prozesse der inklusiven Zusammenarbeit zu fördern, arrangiert der Betrieb verschiedene Maßnahmen, z.B. regelmäßige Schulungen, Aufklärungsgespräche und den Besuch von externen Fachleuten. Das Schulungsangebot umfasst Kommunikationsschulungen (KOMBE-Schulungen), Gebärdensprach-Schulungen, Jobcoachings sowie Beratungsleistungen durch externe Spezialist/inn/en. Es gibt z.B. Schulungsangebote für Mitarbeiter/innen ohne Behinderungen, bei denen diese über Diagnosen, Krankheitsbilder und Verhaltensweisen von Menschen mit Behinderungen aufgeklärt werden. Dadurch sollen die Mitarbeiter/innen ohne Behinderungen besser auf die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen vorbereitet werden, Vorurteile abbauen und lernen, die aus ihrer Sicht befremdlichen Verhaltensweisen ihrer Kolleg/inn/en angemessen zu deuten und damit umzugehen. Nach § 210 SGB IX wird darüber hinaus eine psychosoziale Betreuung von extern in Anspruch genommen. Die psychosoziale Betreuung erfüllt die Funktion als Arbeitstrainer/in und als Begleitung am Arbeitsplatz. Sie steht zudem als Ansprechpartner/in bei Konflikten und Problemen zur Verfügung und hilft ggf. auch bei Schwierigkeiten über das Arbeitsverhältnis hinaus.

Gemeinsame Betriebsausflüge und andere Freizeitaktivitäten (z.B. Feiern, Fußball) außerhalb der Arbeitszeit werden regelmäßig organisiert und von den Mitarbeiter/inne/n gut angenommen. Durch diese gemeinsamen Aktivitäten und den Kontakt zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen sowohl im Arbeitsleben als auch in der Freizeit, finde laut den Projektverantwortlichen eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen statt. Beteiligungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter/innen werden durch regelmäßige Betriebsversammlungen und eine Mitarbeitervertretung (MAV) sicher gestellt. Über den Unternehmensverbund gibt es zudem eine Schwerbehindertenvertretung (SBV).

Die Grüntal gGmbH bietet den Mitarbeiter/inne/n verschiedene Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen an. Als Ausbildungsbetrieb stellt sie Ausbildungsplätze für Menschen mit und ohne Behinderungen zur Verfügung, die Ausbildung zum/zur Werker/in, Bauten- und Objektbeschichter/in und Malerwerker/in. Für fachliche Schulungen werden interne wie auch externe Trainer/innen und Dozent/inn/en eingesetzt. Ein/e interne/r Jobcoach schult die Mitarbeiter/innen direkt an den Arbeitsplätzen (“Training on the Job”) und weitere Inhouse-Schulungen dienen der fachlichen (Weiter-)Qualifizierung, u.a. Farbschulungen, Produktschulungen und Schulungen in Pflanzenkunde für den Bereich Gartenlandschaftsbau. 

Entwicklungspotentiale

Da die Mitarbeiter/innen ausschließlich auf verschiedenen Baustellen bei den Kunden eingesetzt werden und selten in den Betriebsstätten vor Ort arbeiten, gibt es keine räumliche Barrierefreiheit innerhalb der Betriebsstätten und an den Arbeitsplätzen. Da der Betrieb sehr klein ist, gibt es keinen Verwaltungsbereich bei der Grüntal gGmbH. Administrative Tätigkeiten sind ausgelagert und werden von der Beteiligungsgesellschaft abgedeckt. Diese Umstände führen dazu, dass das Unternehmen keine Menschen mit körperlichen Behinderungen beschäftigt, weder auf den Baustellen, noch in Büros. Hier könnte darüber nachgedacht werden, wie auch Menschen mit körperlichen Behinderungen die Chance auf einen Arbeitsplatz im Unternehmen erhalten können, z.B. durch eine Kooperation mit Unternehmen innerhalb der Beteiligungsgesellschaft oder den Einsatz in den Betriebsstätten.

Einschätzung der Projektverantwortlichen

Barrieren im Arbeitsalltag abzubauen ist leichter, als Förderungen zu erhalten!

Der Einsatz in den drei Fachabteilungen stellt unterschiedliche Anforderungen an Barrierefreiheit am Arbeitsplatz. Während der Einsatz von Mitarbeiter/inne/n mit Behinderungen im Bereich Garten- und Landschaftsbau durch Hilfsmittel unkompliziert zu verwirklichen sei, gestalte sich dies in den anderen beiden Bereichen schwieriger, da es weniger technisch angepasste Arbeitsmittel gebe, wie z.B. Pinsel und Farbeimer im Bereich Malerhandwerk. Insgesamt erweise sich aber die barrierefreie Gestaltung im Arbeitsalltag unkompliziert. Dahingegen seien Barrieren in den Köpfen sowie das System der Förderleistungen wesentlich blockierender. Manche Barrieren in den Köpfen seien nicht lösbar. Der unbefangene Umgang mit Menschen mit Behinderungen sei oftmals noch ein Problem. Hier müsse noch viel passieren, damit der Umgang zur Normalität werden kann und Berührungsängste abgebaut werden können.

Der pauschale Beschäftigungssicherungszuschuss von 30% sei insofern ein Problem, da es keinen “pauschalen Unterstützungsbedarf” bei den Mitarbeitenden gebe. Dieser sei bei jedem/r Mitarbeiter/in unterschiedlich, ebenso wie die Belastungsgrenzen unterschiedlich seien. Hier besteht bei der Grüntal gGmbH der Wunsch, nach flexibleren und passgenaueren Förderleistungen, die dem individuellen Bedarf entsprechen. Man bedauert bei der Grüntal gGmbH, dass die Integrationsfachdienste (IFD) seit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes  (BTHG) nur noch bei Sonderbeauftragung zur Verfügung stehen. Dies sei ein großer Nachteil, da wichtige Leistungen der IFD nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung stünden. Unternehmen der freien Wirtschaft seien hier doppelt benachteiligt, denn auch das Vergabesystem von Fördermitteln durch Stiftungen, Wohlfahrtsverbände und andere private Organisationen erweise sich als zu aufwendig. Sowohl Anschaffungs- als auch Verwaltungsaufwand seien so hoch, dass es sich für kleine und mittelständische Unternehmen der freien Wirtschaft nicht lohne, diese zu beantragen. Zudem seien die Vergabekriterien nicht transparent, so dass die Mittelvergabe einem Glücksspiel gleiche. Förderzusagen seien der Grüntal gGmbH nur möglich gewesen, da sie einem Unternehmensverbund angehören.  Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen würden durch das System zur Vergabe von Förderleistungen eher verstärkt, als abgebaut. 

Sehr positiv sieht man bei der Grüntal gGmbH die inklusive Zusammenarbeit und die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Die Praxis beweise: Mitarbeitende mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Begabungen in einem sich ergänzenden Team zusammenzuführen, bedeute keinen Qualitätsverzicht – und sei für alle bereichernd. Menschen mit Behinderungen werden insgesamt als motivierter erlebt, der Krankenstand sei bei ihnen wesentlich niedriger, die Identifikation mit dem Unternehmen sei höher. Gerade Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen seien sehr loyal, da sie oftmals nur die schwierigen Strukturen in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen kennen, innerhalb derer sie sich unwohl fühlen. Daneben, dass sie sich dort als “Behinderte” behandelt und abgesondert fühlen, gebe es auch gegenseitige Vorbehalte unter Menschen mit Behinderungen.

Das abschließende Fazit der Verantwortlichen lautet: „Wir würden es jederzeit wieder genauso machen. Für uns hat es eine Perspektive, diesen Weg weiter zu beschreiten und Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beschäftigen.“

Allgemeine Informationen und Materialien

Homepage Grüntal gGmbH: www.gruental-wuppertal.de  

Homepage der GESA Stiftung: https://www.gesastiftung.de/ 

Homepage der GESA: https://www.gesaonline.de/ 

Homepage der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe: https://www.diakonie-rwl.de/ 

Homepage der Ventura: https://www.ventura-personal.de/ 

Homepage der GESA Akademie: https://www.gesa-akademie.de/ 

Kontaktdaten

Grüntal gGmbH

Simone Kathöfer

Hünefeldstraße 14a

42285 Wuppertal

 

Tel.: 0202/281100

Email: integration@gruental-wuppertal.de