Gestaltung einer barrierefreien Infrastruktur
Barrierefreiheit ist für die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen von entscheidender Bedeutung. Barrierefreiheit stellt letztlich einen Mehrwert für alle dar.
Die UN-Behindertenrechtskonvention nimmt in den Definitionen das Konzept des
‚Universal Design‘
auf und bezeichnet damit „ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. ‚Universelles Design‘ schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus“ (Artikel 2).
In Artikel 9 wird unter der Überschrift ‚Zugänglichkeit‘ gefordert, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen mit dem Ziel, „für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offen-stehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten“.
Dienstleistungen, Angebotsstrukturen und Orte sollten so gestaltet sein, dass sie
auffindbar, zugänglich und nutzbar
(Begriffsdimensionen von Barrierefreiheit n. §4 BGG NRW)
sind.
„Auffindbarkeit“ bedeutet, dass öffentliche Gebäude durch eine gute Ausschilderung ohne Schwierigkeiten zu finden sind. Gelangt man problemlos in die Gebäude, entspricht dies der Dimension der Zugänglichkeit. Die Dimension der Nutzbarkeit umfasst Nutzungsmöglichkeiten der Angebote oder Dienstleistungen innerhalb von Gebäuden.
Wichtig ist es, ein integriertes Verständnis von Barrierefreiheit in der gestalteten Umwelt zu entwickeln. Es geht nicht nur um die Umsetzung von Einzelmaßnahmen, sondern um eine umfassende Nutzbarkeit aus der Perspektive beeinträchtigter Menschen. Besonders hilfreich z.B. bei der Planung des öffentlichen Verkehrs erweist sich der Ansatz der Mobilitätsketten, mit dem weitere Barrieren identifiziert werden können. Am Beispiel einer Fahrt mit der Bahn zählt zu einer Mobilitätskette die „Vor-Reisephase“ (Informationsbeschaffung, Buchung, Verkehrsmittelwahl), die „Anreise“ zum Zielort, die „Hauptlaufphase“ (z.B. die Nutzung der Bahn, ggf. Umsteigen) und die „Nachlaufphase“ (Reise vom Zielbahnhof zum Bestimmungsort) (vgl. Rüger 2005).
Für ein planerisches Vorgehen sind Verfahren notwendig, die insbesondere die Interessen von Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen berücksichtigen. In geeigneten partizipativen Planungsgruppen kann ermittelt werden, wo aus Sicht von Menschen mit Beeinträchtigungen als ‚Expert/inn/en für Barrierefreiheit‘ konkreter Handlungsbedarf besteht. So können am ehesten Fehlplanungen vermieden werden.
Entstehende Zielkonflikte bezogen auf die vielfältigen Anforderungen erfordert i.d.R. pragmatische Kompromisse, die unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als ‚Expert/inn/en in eigener Sache‘ entsprechend auszuhandeln sind.
aus der Arbeitshilfe „Inklusive Gemeinwesen planen“ S.84ff.
- Rohrmann, Albrecht; Schädler, Johannes; Kempf, Matthias; Konieczny, Eva; Windisch, Marcus (2014):Inklusive Gemeinwesen Planen Eine Arbeitshilfe, hrsg. vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2014.
UN-BRK Artikel 9 - Zugänglichkeit
- Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten unter anderem für
- Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten;
- Informations-, Kommunikations- und andere Dienste, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste.
- Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen,
- um Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit von Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, auszuarbeiten und zu erlassen und ihre Anwendung zu überwachen;
- um sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen;
- um betroffenen Kreisen Schulungen zu Fragen der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen anzubieten;
- um in Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, Beschilderungen in Brailleschrift und in leicht lesbarer und verständlicher Form anzubringen;
- um menschliche und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher und -dolmetscherinnen zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, den Zugang zu Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, zu erleichtern;
- um andere geeignete Formen der Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen zu fördern, damit ihr Zugang zu Informationen gewährleistet wird;
- um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, einschließlich des Internets, zu fördern;
- um die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien und -systeme in einem frühen Stadium zu fördern, sodass deren Zugänglichkeit mit möglichst geringem Kostenaufwand erreicht wird.