Jugendtreff und Behinderung – das geht!

Kurzbeschreibung

Das Miteinander von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen ist ein Thema, für das sich die Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e.V., schon lange einsetzt. Gemeinsam mit dem Haus der Jugend (HOT) Hövelhof und dem Treffpunkt 34 in Büren startete die Lebenshilfe im September 2018 das von der Aktion Mensch geförderte Inklusionsprojekt „Jugendtreff und Behinderung – das geht!“. Die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre, damit wird das Projekt am 31. August 2021 enden.

Im Rahmen des Projektes wird insbesondere der Freizeitbereich in den Blick genommen. Das Ziel der Projektverantwortlichen ist es, Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Möglichkeiten zur gemeinsamen Freizeitgestaltung mit anderen Kindern und Jugendlichen ohne Behinderungen zu eröffnen. Durch Netzwerkarbeit, Schulungsangebote und gemeinschaftliche Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen sollen Vorurteile, Berührungsängste und andere Barrieren in offenen Jugendhäusern im Kreis Paderborn abgebaut und Inklusion im Freizeitbereich gefördert werden. Wie eine Umfrage zeigte, sind zwar viele Eltern und deren Kinder mit Behinderungen daran interessiert, die Angebote der Jugendhäuser zu nutzen, bislang werden die Jugendzentren von den betroffenen Familien allerdings nur vereinzelt besucht. Dies soll sich mit dem Inklusionsprojekt ändern!

Ausgangspunkt lieferte eine Online-Befragung 

Um Inklusion in den offenen Jugendhäusern im Kreis Paderborn voranzutreiben, wollte die Lebenshilfe zunächst einmal heraus finden, warum Kinder und Jugendliche mit Behinderungen seltene Besucher/innen von Kinder- und Jugendtreffs sind. Daher wurde 2015 zunächst das Vorprojekt „Inklusive Gestaltung von Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendhilfe im Kreis Paderborn“ durchgeführt. In diesem Rahmen fand eine Online-Befragung zum Thema „Jugendtreff und Behinderung“ statt, in der Kinder, Jugendliche und Eltern befragt wurden. Es zeigte sich, dass Eltern, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen häufig nicht einmal vom Angebot öffentlicher Jugendhäuser wussten und/ oder sich dort nicht willkommen fühlten. Die Befragung ergab außerdem, dass in Familien mit Behinderungen zudem viele Unsicherheiten, Ängste und Sorgen hinsichtlich eines Besuchs von Jugendtreffs oder ähnlichen Einrichtungen vorhanden waren. Dennoch konnte festgestellt werden, dass ein generelles Interesse seitens der Befragten Familien an solchen Angeboten besteht. Die Umfrage bestätigte aus Sicht der Projektveranwortlichen den dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Umsetzung von Inklusion im Freizeitbereich. So wurde - basierend auf den Ergebnissen der Befragung - schließlich das das Projekt „Jugendtreff und Behinderung – das geht!“ initiiert.

Viele Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bewegen sich gerade in ihrer Freizeit nach wie vor nur in ihren eingeschränkten, abgesonderten Bereichen. Dies wurde laut den Projektverantwortlichen u.a. durch die durchgeführte Umfrage bestätigt. Mit dem Ziel, die ermittelten Barrieren und Berührungsängste abzubauen und mehr Jugendhäuser für die Idee der Inklusion zu öffnen, nahmen sie Kontakt zu regionalen Jugendhäusern im Kreis Paderborn auf. Dort stießen sie bei einigen Einrichtungen auf ein sehr hohes Interesse, so dass das Projekt mit zwei Jugendtreffs (HOT Hövelhof und Treffpunkt 34 in Büren) begonnen werden konnte. Im weiteren Projektverlauf sollen noch mehr Jugendhäuser für das Projekt gewonnen werden und das Beteiligtennetzwerk ausgebaut werden.

Inklusion in Jugendzentren stärken

Die Verantwortlichen verfolgen gemeinsam mit ihren Projektpartner/inne/n das Ziel, während der dreijährigen Projektlaufzeit Inklusion in der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Raum Paderborn zu stärken. Der Fokus liegt besonders darauf, die inklusive Ausrichtung bestehender Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche zu fördern und auszubauen. Es soll nicht darum gehen, die Verbreitung von immer mehr speziellen Angeboten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen voranzutreiben. Vielmehr sollen Träger/innen dazu ermutigt werden, ihre bestehenden Angebote für diese Zielgruppe zu öffnen. Schulungen sollen das dazu notwendige Know-How an die Fachkräfte und Mitarbeiter/innen der Jugendhäuser vermitteln und den Austausch von Erfahrungswerten anregen. So können die Fachkräfte in ihren Kompetenzen gestärkt werden und Fachwissen in die Konzeption von Angeboten einfließen. Räumliche wie auch einstellungsbedingte Barrieren, z.B. Vorurteile und Berührungsängste, sollen schrittweise abgebaut werden - sowohl bei den Fachkräften und Anbieter/inne/n, als auch bei den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen.

Ein respektvoller Umgang als Grundlage

Die durch die Projektverantwortlichen vertretene Haltung, die auch  Einzug in die beteiligten Jugendhäuser gehalten hat, stellt die Grundlage der Arbeit  des Projektes dar. Die im Projekt vertretenen Grundsätze sind:

  • “Wir heißen jeden willkommen.”

  • “Wir nehmen einander ernst.”

  • “Alles ist leicht begehbar und verständlich.”

  • “Wir lernen, die Gefühle von anderen zu verstehen.”

  • “Wir verbringen eine tolle Zeit zusammen.”

Damit möchte das Projekt auch richtungsweisend für andere Träger/innen von Freizeitangeboten im Raum Paderborn sein. Ihr Projektbeispiel soll Anderen aufzeigen, dass inklusive Freizeitangebote nicht nur umsetzbar sind, sondern ebenfalls gut angenommen werden. Gerade bei Angeboten von Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche könne man auch mit wenigen finanziellen Ressourcen schon große Schritte zur Inklusion erreichen. Der Trägerverein, die Lebenshilfe Paderborn e.V., hat daher die Initiative für das Projekt ergriffen. Die beiden kooperierenden Jugendhäuser in Hövelhof und in Büren sind an der Konzeptentwicklung des Projekts beteiligt. Weitere Kooperationen bestehen mit dem AK Schulsozialarbeit Kreis Paderborn, der AG §78 Jugend Kreis Paderborn, dem Klientenkreis der Lebenshilfe und dem Kreissportbund Paderborn. Das Netzwerk soll ausgebaut und durch weitere Jugendzentren im Kreis Paderborn ergänzt werden. Die Projektverantwortlichen berichten, dass es bereits mehrere Jugendtreffs gebe, die Interesse daran zeigen, in das Projekt einzusteigen. Dadurch könnte auch das bestehende Angebot erweitert werden. Jeder Jugendtreff habe sein eigenes Programm mit verschiedenen Aktivitäten. Zu den bisherigen Angeboten der am Projekt beteiligten Jugendzentren gehören:

  • Kicker, Billard und Dart

  • Spielekonsolen und Brettspiele

  • Internetnutzung

  • Kinder- und Jugendgruppen

  • Bewegungs- und Sportangebote

  • Kreative Angebote wie z.B. Basteln

  • Musik und Instrumente

  • Kochen und Backen

  • Ausflüge

  • Ferienprogramme

Darüber hinaus bietet die Lebenshilfe in einigen Jugendzentren eine Gruppe für Menschen mit Behinderungen an, die die Jugendtreffs an bestimmten Terminen gemeinsam besuchen.

Die Kinder und Jugendlichen werden während der Treffs vor Ort durch die Mitarbeiter/innen der Jugendzentren begleitet und betreut. Diese werden durch die Lebenshilfe Paderborn zu verschiedenen Themen der Behindertenhilfe geschult (z.B. zu Behinderungsbildern, Pflege, ethische Grundsätze im Umgang mit MmB, Freizeitgestaltung mit Menschen mit Behinderungen u.ä.). Sollte aufgrund von erhöhtem Betreuungsaufwand intensivere Unterstützung benötigt werden, ergänzt die Lebenshilfe das Team der Jugendzentren durch ehrenamtliche Mitarbeiter/innen. 

Die Projektverantwortlichen streben eine Erweiterung des Beteiligtennetzwerkes an, um  die noch nicht kooperierenden Jugendtreffs für das Thema Inklusion zu interessieren und das Projekt bekannter zu machen. Daher wird viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Neben Schulungen der Mitarbeiter/innen der Jugendzentren finden in regelmäßigen Abständen Tage der offenen Tür bei den beteiligten Jugendzentren in Form von inklusiven Spielefesten statt (z.B. in Büren am 04.05.2019 oder in Hövelhof am 18.05.2019). Das Projekt wird auch auf der Homepage der Lebenshilfe, in Zeitungsartikeln, durch Projektflyer und auf regionalen Veranstaltungen, bei denen die Lebenshilfe ihr Projekt präsentiert, bekannt gemacht. Die Netzwerkarbeit (z.B. AG§78 Jugend Kreis Paderborn, Zusammenarbeit mit Schulen im Kreis Paderborn, ...) bildet den Kern der Öffentlichkeitsarbeit. Geplant sind zukünftig auch Aktionstage bzw. Angebote im Sportunterricht an Schulen sowie Workshops für Jugendliche (Stand: November 2019). Diese sollen sensibilisiert und an das Thema herangeführt werden, damit eine Auseinandersetzung stattfinden kann. Hier sollen, wie die Projektverantwortlichen berichten, viele eigene Erfahrungen gemacht werden. Zusätzlich sollen Freizeitgruppen von Menschen mit Behinderungen schrittweise an die teilnehmenden Jugendtreffs angenähert werden.

Das Projekt wird finanziert und gefördert durch die Aktion Mensch. Im Antrag der Aktion Mensch wurde der Lebenshilfe eine Vollzeitstelle, aufgeteilt auf zwei Mitarbeitende, bewilligt. Auch materiell wurden im Antrag alle für das Projekt benötigten Mittel berücksichtigt und bewilligt. Da bei der Lebenshilfe für das Projekt Stellen geschaffen wurden, übernimmt die Lebenshilfe die Leitung, Koordination und Organisation des Projekts und aller damit in Verbindung stehenden Veranstaltungen. Die kooperierenden Jugendzentren beteiligen sich im Rahmen ihrer zeitlichen Kapazitäten an der Planung und in jedem Fall an der Durchführung.

Wichtige Erfahrungen der Projektverantwortlichen

Besonders förderlich für das Projekt sei die Offenheit der Jugendzentren und deren Mitarbeitenden, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen aufzunehmen und sich entsprechend schulen zu lassen. Weiterhin sei es förderlich, die Jugendzentren durch Mitarbeiter/innen der Lebenshilfe zu unterstützen, da dies sowohl den Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen als auch deren Eltern Sicherheit vermittle.

Eine Herausforderung des Projekts sei es, die Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zusammenzuführen. Dies zeige sich insbesondere bei Teilnehmer/inne/n ohne Behinderungen, die bislang wenig bis keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderungen hatten. Da in einem Jugendtreff “auch mal sehr salopp gesprochen werde”, kommen immer wieder Fragen auf, wie man den Umgang miteinander verbessern und intensivieren könne. Eine weitere Herausforderung sei es, Menschen mit Behinderungen für das Projekt zu interessieren und zu motivieren. Besonders die Eltern der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen seien sehr skeptisch gegenüber dem Angebot, da sie häufig nicht sicher sind, ob eine in Ihren Augen „vernünftige“ Versorgung und Betreuung gewährleistet werden kann. In solchen Fällen sei es wichtig, den Familien diese Ängste zu nehmen und über die entsprechenden Schulungsangebote für die Mitarbeiter/innen der Jugendzentren zu informieren. Bei Bedarf bietet die Lebenshilfe auch die Möglichkeit, den Besuch eines Treffs durch Mitarbeiter/innen begleiten zu lassen.

Interessierte, die das Projekt an einem Ort umsetzen möchten, sollten berücksichtigen, dass es für den Erfolg des Projekts notwendig sei, den Familien, Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Sicherheit zu vermitteln. Als nützlich erwies sich auch, das Projekt an vielen verschiedenen Stellen zu bewerben. Die Netzwerkarbeit sei besonders wichtig, um das Projekt bekannt zu machen. Weitere Kooperationen, zum Beispiel bei Aktionstagen, seien ebenfalls hilfreich, um ein umfassendes Angebot für alle schaffen zu können.

Einschätzung des Inklusionskatasters

Exklusive Strukturen im Freizeitbereich aufbrechen  

Das Projekt möchte die exklusiven Strukturen im Freizeitbereich für Kinder  und Jugendliche mit Behinderungen aufbrechen. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es mit seinen Aktivitäten am Gemeinwesen anknüpft und keine seperaten Angebote für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gestaltet, die von der gleichberechtigten Teilhabe an Freizeitaktivitäten gemeinsam mit anderen Kindern und Jugendlichen ausschließen. Stattdessen erhalten Kinder und Jugendliche mit Behinderungen durch das Projekt die Möglichkeit, gemeinsam und gleichberechtigt an Freizeitaktivitäten mit allen anderen Kindern teilzunehmen. Kinder ohne Behinderungen erhalten umgekehrt die Möglichkeit, Kontakte zu Kindern mit Behinderungen zu knüpfen und Freundschaften zu schließen, die bereichernd für alle sein können. Dies verfolgt im Wesentlichen die Forderung nach Teilhabe an Freizeitangeboten für Menschen mit Behinderungen (Artikel 30 UN-BRK). Darüber hinaus nimmt es die Rechte auf Gleichberechtigung von Kindern mit Behinderungen in den Blick (Artikel 7 UN-BRK) und sensibilisiert Anbieter/innen, Institutionen und die Öffentlichkeit sowie die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen ohne Behinderungen für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und zielt auf den Abbau von Vorurteilen, Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung (Artikel 8 UN-BRK). 

Die Perspektiven der Betroffenen als Basis

Das Projekt adressiert verschiedene Zielgruppen. Auf der organisationalen Ebene sollen Einrichtungen, Träger/innen und Anbieter/innen von Freizeitangeboten sensibilisiert werden. Diese sollen ein Bewusstsein für die Idee der Inklusion entwickeln und dazu ermutigt werden, ihre bestehenden Angebote für die Zielgruppe zu öffnen. Gleichzeitig sollen sie als Kooperationspartner/innen gewonnen werden, um die Idee der Inklusion im Gemeinwesen vorzuleben und in dieses weiter zu tragen.
 Auf der fachlichen Ebene sollen die Fachkräfte im Bereich der Behinderten-, Kinder- und Jugendhilfe durch Beratung und Schulung qualifiziert werden. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sowie deren Angehörige bilden – neben den Anbieter/inne/n, Träger/inne/n und Fachkräften – die Hauptzielgruppe des Projektes, da es letztlich um die Verbesserung und die Öffnung von Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen geht. Wie das Vorgängerprojekt, die Online-Bedarfsabfrage für betroffene Familien im Bereich Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zeigt, bilden die Bedürfnisse und Sichtweisen der betroffenen Familien einen wichtigen Ausgangspunkt des Projektes. Ihre Perspektiven wurden im Vorfeld erhoben und in die Planung und Durchführung eingebunden, da aktuell die Jugendzentren eher selten von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen besucht werden. Durch die vorherige Umfrage wurden unter anderem die Gründe hierfür untersucht. Das aktuelle Projekt “Jugendtreff und Behinderung - das geht!” möchte die Ergebnisse der Umfrage aufgreifen und dementsprechend umsetzen, sodass eine Öffnung vorhandener Angebote stattfinden kann und die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen möglich wird.

 

Gemeinsam Barrieren abbauen 

Das Projekt leistet einen Beitrag zum Abbau von Barrieren im Bereich der Freizeit: Die Lebenshilfe unterstützt die Jugendzentren personell, schult zum Thema Inklusion und Freizeitgestaltung mit Menschen mit Behinderungen und möchte die Mitarbeiter/innen der Jugendzentren befähigen, die neue Zielgruppe angemessen betreuen zu können und sich in Bezug darauf sicher zu fühlen. Einrichtungen, Träger/innen sowie pädagogische Fachkräfte sollen auf das Projekt aufmerksam und für die Idee der Inklusion sensibilisiert werden. Ferner zielt das Projekt auch auf die Sensibilisierung für vorhandene Barrieren bei den Jugendzentren ab, damit diese abgebaut werden können. Hierzu zählt die Schaffung von zugänglichen Räumlichkeiten, aber auch der Abbau von Barrieren in den Köpfen. Zusätzliche Hilfen und Unterstützungsbedarfe werden ggf. individuell organisiert und durch den Einsatz von Ehrenamtlichen ermöglicht.

Langfristige Veränderungen bewirken

Das Projekt ist zeitlich befristet, jedoch sehr stark auf den Aspekt der Nachhaltigkeit ausgerichtet. So können beispielsweise durch Schulungen, Akteur/e/innen im Gemeinwesen befähigt werden, Angebote von vorne herein inklusiv zu gestalten bzw. bestehende Angebote zu öffnen. Zudem können die geknüpften Netzwerke und Kooperationen auch über den Projektzeitraum hinaus Bestand haben und dadurch weiterhin den Erfahrungsaustausch vorantreiben. Die bisher erreichten gegenseitige Lernprozesse und das dadurch etablierte Bewusstsein werden auch mit einem Ende des Projektes nicht erlischen, sondern weiter in die Gesellschaft getragen. Eine Verstetigung des Projektes ist dann wahrscheinlich, wenn sich – auch nach Ende der aktuellen Projektlaufzeit– die Akteur/e/innen verantwortlich fühlen bzw. zeigen und die begonnenen Änderungen weiterführen. 

Das können andere auch!

In den meisten Städten und in vielen Ortsteilen gibt es öffentliche Jugendzentren / -häuser, die sich an der Idee des Projekts orientieren können. Zum Gewinn von Jugendlichen mit Behinderungen können diese - ähnlich wie im Projekt beschrieben - Kooperationen mit anderen Jugendzentren aber auch Träger/inne/n der Behindertenhilfe eingehen. So kann das Projekt auch anderorts umgesetzt werden. Die öffentliche Kinder- und Jugendarbeit bietet gute Möglichkeiten, Inklusion von Anfang an in einem ungezwungenen Rahmen zu leben und zu ermöglichen, denn sie zeichnet sich durch einen offenen Umgang mit unterschiedlichen Zielgruppen aus. Durch das Projekt können sich Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen ungezwungen und mit Spaß begegnen und voneinander lernen.

 

Trotz allem gibt es auch Weiterentwicklungspotentiale

Das Projekt wirbt im Rahmen seines Webauftritts u.a. damit, dass in kooperierenden Jugendhäusern auch gesonderte Gruppen ausschließlich für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gebildet werden sollen. Eine solche Gruppe existiert bereits bei einem Kooperationspartner. Diese Gruppen sollen dann schrittweise an die Regelangebote, an denen andere Kinder und Jugendliche teilnehmen, erst einmal herangeführt werden und nur zu bestimmten Terminen die Treffs gemeinsam besuchen. Dies entspricht auch den Angaben in der Bewerbung des Projekts. Dauerhaftes Ziel des Projekts ist zwar keine Separation, sondern das gemeinsame Zusammensein von Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit, jedoch ist dieser Aspekt äußerst kritisch zu betrachten. Gruppen ausschließlich für Menschen mit Behinderungen sind in keiner Weise inklusiv. Es wird außerdem das falsche Signal sowohl an betroffene Familien als auch an andere Besucher/innen der Jugendhäuser gesendet: Die Botschaft lautet nämlich, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen “besser erst einmal unter sich bleiben”. Dadurch besteht die Gefahr, dass das Projekt ungewollt dazu beiträgt, Vorurteile, Barrieren in den Köpfen und exklusive Strukturen zu fördern bzw. aufrecht zu erhalten. Wenn Menschen mit Behinderungen in separaten Gruppen auftreten, kann das Vorurteil, dass Menschen mit Behinderungen in abgesonderten Welten leben und unter sich bleiben, bei anderen Menschen gefestigt werden. Es ist daher zielführender, keine gesonderten Gruppen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen anzubieten. Die Angebote sollten stattdessen von vorneherein so konzipiert sein, dass diese Zielgruppe von Beginn an daran teilnehmen kann gemeinsam mit allen anderen Kinder und Jugendlichen. So wird Absonderung nicht strukturell vorgegeben und alle erhalten die Chance, sich auf Augenhöhe als gleichwertige Teilnehmer/innen begegnen zu können.  

Das Projekt wirbt damit, dass Kinder und Jugendliche sich mithilfe professioneller Begleitung und Unterstützung begegnen können. Jedoch sollte diese Form der Unterstützung maximal für den Einstieg bzw. das Kennenlernen angeboten werden. Damit die Kinder und Jugendlichen möglichst eigenständig agieren können, sollte die professionelle Begleitung nach und nach in den Hintergrund treten.

Fazit: Ein Projekt mit Vorbildcharakter und einigen Besonderheiten

Das Projekt leistet insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Bereich der Freizeit. Dabei wird

1. an vorhandene Angebote, Strukturen und Einrichtungen im Sozialraum angeknüpft

2. werden unter Einbeziehung der Betroffenen regionale Netzwerke gebildet bzw. ausgebaut und

3. sollen nachhaltige strukturelle Veränderungen im Freizeitbereich für Kinder und Jugendliche erzielt werden.

Aufgrund dessen dient das Projekt unmittelbar der Entwicklung eines inklusiven Gemeinwesens. Vor diesem Hintergrund bietet es darüber hinaus wichtige Anknüpfungspunkte für andere Akteur/e/innen, die ähnliche Veränderungsprozesse im Bereich der Freizeitgestaltung anstoßen möchten. Durch Vermittlung des notwendigen KnowHows werden Fachkräfte in ihren fachlichen Kompetenzen gestärkt, die Schulungsangebote leisten damit einen Beitrag zur inklusiven Praxis im Freizeitbereich. Durch Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung und den Austausch von Erfahrungswerten wird eine Auseinandersetzung bei den Akteur/inn/en mit der Thematik Inklusion angeregt. Es wird insgesamt ein Beitrag zur Bewusstseinsbildung, Sensibilisierung und zum Abbau von Barrieren im Freizeitbereich geleistet.

Die am Projekt beteiligten Jugendtreffs zeigen beispielhaft, dass inklusive Freizeitangebote für Kinder mit und ohne Behinderungen funktionieren und für alle bereichernd sein können. Für Familien, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen eröffnet sich die Möglichkeit, gemeinsame Freizeitaktivitäten mit anderen Kindern und Jugendlichen außerhalb der exklusiven Möglichkeiten der Behindertenhilfe wahrnehmen zu können. Andere interessierte Träger/innen, Einrichtungen und Anbieter/innen von Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche erhalten nicht nur Anregungen, sondern ggf. auch eine Anlaufstelle und Unterstützung, wenn sie inklusive Angebote umsetzen möchten.

Kontaktdaten

Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e.V.

Katharina Pugatschew & Svenja Nüsse (Projektleitung)

 

Rolandsweg 47 (ab November 2019 Bruktererweg 34)

33102 Paderborn

05251 870990 

inklusionsprojekt@lebenshilfe-paderborn.de 

 

Projekthomepage: https://www.lebenshilfe-paderborn.de/de/angebote/inklusionsprojekt.php 

 

 

 

Weiterführende Links:     

Informationen zum Vorprojekt „Inklusive Gestaltung von Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendhilfe im Kreis Paderborn“: https://www.lebenshilfe-paderborn.de/de/angebote/inklusionsprojekt/vorprojekt.php

 

Homepage der Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e.V.: https://www.lebenshilfe-paderborn.de/de/index.php 

Haus der Jugend Hövelhof: https://www.hothoevelhof.de/ 

Treffpunkt 34 Büren: http://www.jugendpflege-bueren.de/jugendtreff-bueren/