Inklusives Bauevent

Kurzdarstellung der Aktivität

Unter dem Motto „bunte Steine – buntes Miteinander“ fand im April 2011 erstmalig das inklusive Bauevent in Münster statt. In einer geräumigen Halle fanden sich Kinder mit und ohne Behinderungen mit ihren Familien ein, um aus vier Kubikmetern Legosteinen gemeinsam unterschiedlichste Bauwerke zu kreieren. Die beachtlichen Ergebnisse des gemeinsamen Bauens wurden anschließend in einer öffentlich zugänglichen Ausstellung dargeboten.

Lebensbereich

  • Freizeit
  • Kultur

Gebietskörperschaft

  • Kreisfreie Stadt (Münster)

Einwohnerzahl

Ca. 291.754 (Münster)

Zuordnung zu Dimensionen

  • Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Idee der Inklusion,
  • inklusive Gestaltung von Bildungseinrichtungen und anderen Dienste des öffentlichen Lebens

Ausschlaggebender Impuls

Die Ausgangssituation, die dem Projekt „inklusives Bauevent“ zu Grunde liegt, war die Lego- Sammelleidenschaft des Projektverantwortlichen, die er durch die Baufreude seiner Kinder wiedergewann. Aufgrund der Vielzahl an Lego- und Duplobauteilen, die der privaten Sammlung des Projektverantwortlichen zugehörig sind, entwickelte er 2009 die Idee mit diesen Bauteilen Ausstellungen zu realisieren. Die ausgerichtete Ausstellung ließ erkennen, dass die Kinder, die diese besuchten, ein hohes Interesse daran hatten selbst zu bauen. Aus dieser Erkenntnis heraus, etablierte er in der darauffolgenden Ausstellung eine Möglichkeit für Kinder selbst einige Stücke für die Ausstellung zu bauen. Die Begeisterung der Kinder am selbstständigen Bauen führte 2010 zu einer Neuausrichtung des Events und stellte das Bauen in den Fokus der Veranstaltung.

Durch die Beobachtung, dass das gemeinsame Spiel der Kinder barrierefrei ist, kam 2011 der Aspekt der Inklusion hinzu und öffnete die Veranstaltung für Menschen mit Behinderungen. Eine im ersten inklusiven Bauevent fokussierte Ausrichtung auf Gehörlose und Hörende wurde in den nachfolgenden Veranstaltungen durch ein generelles Differenzverständnis und die Einbindung vielfältiger Menschen aufgebrochen. Dies ist unter anderem auch den hinzugekommenen Projektpartnern zuzuschreiben.

Die einzelnen Bauevente sind aufgrund der verschiedenen Projektpartner different ausgerichtet und berücksichtigen dadurch die Vielfalt der Menschheit und machen zudem auf aktuelle Themen, wie beispielsweise Flüchtlinge in Deutschland aufmerksam.

Ziele des Projekts

Das Ziel des Projektes liegt in der Realisierung des gemeinsamen Bauens und in der damit verbundenen Möglichkeit einer inklusiven Freizeitgestaltung. Durch die gemeinsame Tätigkeit werden außerdem Gruppen zusammengeführt, die im alltäglichen Leben nicht unbedingt in Kontakt miteinander kommen. Sie lernen einander kennen und können dadurch vorhandene Vorurteile abbauen und gemeinsame Erfahrungen machen. Die unterschiedlich ausgerichteten Events, die immer andere Zielgruppen ansprechen, ermöglichen es, durch die Öffentlichkeitseinbindung in Form von Medienerstattungen, auf gesellschaftlich relevante Themen aufmerksam zu machen. Das Anliegen, des Projektverantwortlichen, ist es diese relevanten Themen aufzugreifen und immer wieder auf neue gesellschaftliche Problematiken hinzuweisen.

Die in dem Projekt gesetzten Ziele knüpfen insbesondere an den Artikel 30 der UN- Behindertenrechtskonvention, welcher die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am kulturellen Leben, sowie an Erholung, Freizeit und Sport zu fördern. Des Weiteren besteht aufgrund der etablierten Öffentlichkeitsarbeit ein Bezug zu der, in Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention geforderten, Bewusstseinsbildung

Rechtlicher Rahmen

  • UN-Behindertenrechtskonvention (Artikel 8/ Artikel 30)

Maßnahmen

Die Maßnahmen, die im Rahmen des Projektes „inklusives Bauevent“ realisiert werden, konzentrieren sich auf zwei Bereiche. Zum einen etabliert das Projekt durch das gemeinsame Bauen einen Begegnungsraum für vielfältige Menschen und bietet außerdem eine gemeinsame Freizeitaktivität an. Zum anderen macht die im Anschluss folgende Ausstellung, die als kulturelle Veranstaltung gewertet werden kann, die Einbindung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema der Inklusion möglich. Seit 2010 liegt der Fokus des Projektes auf dem inklusiven Bauen und nicht mehr, wie zunächst angedacht auf der Ausstellung. Diese Veränderung ist insbesondere durch das vom Projektverantwortlichen während der ersten Veranstaltung erkannte große Interesse am Bau der Ausstellungsstücke zu erklären.

Außerdem bietet der Projektverantwortliche auf Nachfrage auch unentgeltlich den Verleih seiner Bausteine für Events an. Interessierte sind für die Abholung und das Zurückbringen der Teile verantwortlich.

Die beiden Maßnahmen greifen unterschiedliche Artikel aus der UN-Behindertenrechtskonvention auf. Das Bauevent an sich bietet Menschen mit und ohne Behinderung die Teilhabe am kulturellen Leben, sowie an Freizeitaktivitäten und entspricht damit den Anforderungen des Artikel 30 (UN-BRK). Die durch die Medien und die Möglichkeit des Besuchs der Ausstellung, sowie der Teilnahme am Bauen wird außerdem das Bewusstsein der Teilnehmer für den Bereich der Inklusion geschärft (Artikel 8, UN.BRK). Ebenso kann durch die Begegnung von unterschiedlichen Menschen vorhandenen Diskriminierungen vorgebeugt und Vorurteilen Einhalt geboten werden.

Beteiligte und Netzwerke

Die federführende Verantwortung trägt Christoph Neteler. Er ist sowohl für die Organisation, als auch die Durchführung der Veranstaltung verantwortlich.

In Kooperation mit unterschiedlichen Organisationen, wie beispielsweise dem Verein SeHT e.V. (Verein für Selbsthilfe, Begleitung und Beratung von Familien mit Kindern und Heranwachsenden), dem gemeinnützigen Verein PariSozial und der Lebenshilfe e.V.. Der Schirmherr eines Projektes war der Oberbürgermeister Herr Lewe. Unterstützt werden die Projekte u.a. auch von städtischen Ämtern, wie z.B. Sozialamt, Amt für Schule und Weiterbildung und Amt für  Kinder, Jugendliche und Familien. In Kooperation mit dem „Lorenz Süd“  stehen insbesondere die DUPLO- Bauevente. Die einzelnen Kooperationen sind immer Projektabhängig, sodass je nach Ausrichtung des Events andere Kooperationspartner mit dem Projektverantwortlichen zusammenarbeiten.

Die Organisation der Projekte übernimmt zum größten Teil der Projektverantwortliche, der dieser Tätigkeit ehrenamtlich nachgeht. Bei der Durchführung der Veranstaltung insbesondere in den Tätigkeitsfeldern der Platzanweiser oder weiteren Ordnungstätigkeiten sind auch weitere ehrenamtliche Helfer involviert. Diese Helfertätigkeiten können sowohl von Menschen mit Behinderung als auch von Menschen ohne Behinderung durchgeführt werden.

Finanzierung und Ausstattung

Die jeweiligen für das Bauen benötigten Lego bzw. Duplo- Teile wurden aus der Privatsammlung, des Projektverantwortlichen für die einzelnen Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Die Kosten der einzelnen Events variieren je nach Größe und Ausrichtung des Projektes.

Beispielsweise betrugen die Ausgaben für das LEGO Event 2012 ca. 1500 Euro und konnten durch Sponsoren, welche der Projektverantwortliche organisierte, abgedeckt werden. Die DUPLO Bauevente in den Jahren 2013-2015 beinhaltete für den Projektverantwortlichen keine Kosten, da es als interne Veranstaltung der Stadt Münster durchgeführt. Die anstehende Veranstaltung im Jahr 2016 wird ungefähr Ausgaben von 2500€ für die Ausstellung und das Bauevent beinhalten. Für die Finanzierung dieser Veranstaltung werden erneut Sponsoren gesucht.

Für die inklusiven Bauevents werden keine Eintrittskosten erhoben, sodass die Veranstaltungen für alle Interessierten zugänglich sind. Auch anderweitig werden keine Einnahmen werden der Events erzielt.

Generell werden für alle Veranstaltungen Sponsoren gesucht, die die Finanzierung der Veranstaltungen tragen. Die Organisation der Sponsorenfindung liegt ebenfalls in den Händen des Projektverantwortlichen.

Projektablauf und zeitliche Rahmung

Die Planung des Projektes und der damit verbundene offizielle Projektbeginn fand im Jahre 2009 statt. Seitdem wird jährlich mindestens ein „inklusives Bauevent“ durchgeführt.

Anfänglich als LEGO Ausstellungen gedacht, erstaunte den Projektverantwortlichen das große Interesse am Bauen. Dadurch inspiriert lenkte er den Schwerpunkt von der Ebene der Ausstellung in die Ebene des Bauens selbst um. Die einzelnen Bauevents wurden anschließend mit dem Thema der Inklusion bzw. Integration gekoppelt. Aus diesem Zusammenschluss heraus entstand 2011 das erste, inklusiv ausgerichtete Bauevent für hörende und nichthörende Kinder in Zusammenarbeit mit Parisozial, einem gemeinnützigen Verein. Das im Jahre 2012 anschließend stattfindende, elftägige Bauevent wurde mit Schulklassen – jeweils eine aus dem Regelschulbereich und eine aus dem Förderbereich – durchgeführt und bezog damit sowohl Menschen mit, als auch Menschen ohne Behinderungen in das Projekt mit ein. Im darauffolgenden Jahr (2013) entstand erstmalig ein integratives DUPLO Bauevent u.a. für Kitagruppen. Im Herbst 2014 wurde das erfolgreiche DUPLO Bauevent unter Einbindung von Kindern aus Flüchtlingsheimen wiederholt. Für das Jahr 2016 ist ein großes LEGO Bauevent mit anschließender Ausstellung in Planung.

Durch die, im Rahmen des Projektes stattfindende, Berichtserstattung und die Möglichkeit des Besuchs der Ausstellung wird der Einbezug der Öffentlichkeit gewährleistet. Insbesondere durch die in den regionalen und überregionalen Medien stattfindende Berichtserstattung können Menschen für das Thema der Inklusion sensibilisiert werden. Anzunehmen ist außerdem, dass die Vorstellung vielfältiger, inklusiver Projekte auf medialen Wegen dazu beiträgt ein Bewusstsein darüber zu schaffen, dass Inklusion auf vielfältige Weise umgesetzt werden kann. Der Anstoß für weitere Projekte und die Motivation der Teilnahme an diesen kann außerdem durch eine in der Öffentlichkeit positive Projektdarstellung gefördert werden.

Inklusive Ausrichtung des Projektes und Gemeinwesenbezug

Seit 2011 wurde das Projekt in eine inklusive Richtung ausgebaut. Seither ist die selbstverständliche Einbeziehung von Menschen mit und ohne Behinderung, sowie unterschiedlicher kultureller und sozio-ökonomischer oder anderen Differenzen in das Projekt etabliert.

Die folgende Aussage des Projektverantwortlichen: „weil spielen ist einfach grenzüberschreitend“, macht deutlich auf welche Art und Weise gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz von Verschiedenheit realisiert wird und Diskriminierungen abgebaut werden können.

Die Förderung gegenseitiger Wertschätzung und Akzeptanz, sowie der Abbau von Diskriminierungen können im Rahmen des Projektes durch die Schaffung eines Begegnungsraumes realisiert werden. Vielfältige Menschen arbeiten gemeinsam an unterschiedlichen Bauwerken und kommen sich dadurch näher. Die gegenseitige Hemmschwelle, die im Alltag vielleicht einen Kontakt verhindert, wird durch eine gemeinsame Aufgabe durchbrochen und ermöglicht dadurch optimale Voraussetzung für ein gegenseitiges Kennenlernen.

Durch das gemeinsame Bauen stehen nicht die Differenzen der einzelnen Personen im Vordergrund, sondern vielmehr die gemeinsame Aufgabe. Die Aussage des Projektverantwortlichen: „weil spielen ist einfach grenzüberschreitend“ macht deutlich, dass die in der Gesellschaft häufig vorhandenen, segregierenden Strukturen durch das gemeinsame Spiel aufgebrochen werden.

Durch die Einbindung bestehender Vereine und die Rekrutierung von interessierten Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme am Projekt werden außerdem vorhandene Strukturen im Gemeinwesen zur Projektrealisierung genutzt. Auch die neuformierten Kooperationen zwischen den einzelnen Projektpartnern lassen erkennen, dass die vorhandenen Vereine im Rahmen des Projektes neue gemeinsame Strukturen entwickelt bzw. vorhandene Strukturen geändert haben. Dementsprechend ist ein Gemeinwesenbezug im Kontext des Projektes realisiert worden.

Das Projekt schafft mit seiner inklusiven Ausrichtung außerdem barrierefreie Räume und ermöglicht Interessierten mit und ohne Behinderungen die Teilnahme an einer gemeinsamen Aktivität. Des Weiteren wird innerhalb des Projektes die Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen ermöglicht und die Eigenständigkeit gefördert.

Die inklusiven Bauevents finden nur in der Stadt Münster statt. 2013 hat die Stadt Lippstadt dieses Konzept aufgegriffen und es mit Unterstützung aus Münster in ähnlicher Form umgesetzt.

Nachhaltigkeit

Das Projekt „inklusives Bauevent“ fand bislang einmal im Jahr statt und soll auch in Zukunft jährlich realisiert werden, wodurch die Nachhaltigkeit garantiert wird. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Begegnungsraumes können außerdem Kontakte geknüpft werden, die auch außerhalb des Events bestehen bleiben.

Da die Umsetzung und die Organisation einer solchen Veranstaltung einen hohen Aufwand und durchaus viele Geldmittel erfordert, ist davon auszugehen, dass eine Realisierung dieses Projektes in anderen Regionen nicht ohne weiteres möglich ist. Insbesondere die Grundlage der Veranstaltung, also die LEGO- und DUPLO- Sammlung des Projektverantwortlichen, stellt eine Gegebenheit dar, die nicht in andern Regionen vorausgesetzt werden kann. Diese Grundlage ist insbesondere aus finanzieller Sicht zu betrachten, da die notwendigen Bauteile für eine solche Veranstaltung als hoch einzustufen sind. Eine Möglichkeit zur abgewandelten Realisierung eines solchen Projektes könnte beispielsweise darin liegen, dass die einzelnen Teilnehmer ihre eigenen Bauteile mit zur Veranstaltung bringen und somit die Anschaffung des Materials für die Veranstalte ausbleibt, das gemeinsame Bauen aber bestehen bleibt.

Gesamteinschätzung

Das Projekt „inklusives Bauevent“ ermöglicht unterschiedlichen Menschen eine gemeinsame Freizeitgestaltung und eröffnet damit neue Kontaktmöglichkeiten. Die Ausrichtung des Projektes wird nicht nur dem Artikel 8 der UN-BRK, welcher die Bewusstseinsbildung anstrebt, gerecht sondern auch dem dort enthaltenen Artikel 30, welcher die Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport fordert. Das Projekt trägt durch das mit der Veranstaltung verbundene öffentliche Auftreten außerdem zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei und macht deutlich, in welcher Spannbreite Inklusion realisiert werden kann.

Die Umsetzung des Projektes in anderen Regionen ist mit hohen finanziellen Kosten verbunden, kann aber realisiert werden. Der organisatorische und logistische Aufwand, den ein solches Event mit sich bringt, ist hoch. So empfiehlt es sich bei der Realisierung dieser Art von Projekte Kooperationspartner zu gewinnen, die an der Umsetzung mitarbeiten.

Durch eine Auseinandersetzung mit dem Projekt und dem in ihm vorhandenen Wandel kann zum einen gelernt werden, dass bereits geplante Projekte auch im Verlauf der Realisierung einen Richtungswechsel einschlagen können und es manchmal genau das ist, was das Projekt im Endeffekt auszeichnet. Zum anderen kann erfasst werden, dass Menschen, die gemeinsam an etwas arbeiten eine niedrigere Hemmschwelle haben, weil bereits gemeinsame Themen vorhanden sind und dadurch miteinander in Kontakt kommen.

Durch die Nutzung vorhandener Räumlichkeiten in Münster und die Einbettung unterschiedlicher Institutionen aus der Region beinhaltet das Projekt außerdem einen Gemeinwesenbezug.

Einschätzung der Projektverantwortlichen

Das Projekt wird als generell zufriedenstellend angesehen. Sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung werden die inklusiven Bauevents positiv bewertet.

Festzustellen ist jedoch, dass die Umsetzung eines solchen Projektes mit einem hohen Startkapital verbunden ist, da die Anschaffung der Materialien die Voraussetzung für die Realisierung des Projektes ist. Wenn die notwendigen Materialien vorhanden sind kann bei der Umsetzung des Projektes nichts verkehrt gemacht werden. Der Projektverantwortliche schlägt vor, dass auch mit kleineren Mengen an Bausteinen Events in dieser Richtung realisiert werden können. Sind Bausteine vorhanden kann das Projekt ohne weitere Probleme eins zu eins in andere Regionen übertragen werden.

allgemeine Informationen und Materialien

Ansprechpartner/in

Ansprechpartner: Christoph Neteler

E-Mail: netelerc@stadt-muenster.de

Tel.: 0251 492-6282

Bildrechte

Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden uns von den jeweiligen Projektverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dem Projektpartner bleiben alle Urheberrechte vorbehalten.