Inklusive Zirkuswoche für Kinder und Jugendliche in Reken

Mehr inklusive Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche

Das Jugendzentrum AREA48734 veranstaltet jährlich in den Herbstferien eine Freizeitwoche für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen im Zirkus. Die Federführung für die Zirkuswoche hat der Verein Jugendwerk Reken e.V.. Unterstützt wird der Verein durch andere im Kreis ansässige Akteur/inn/en. Während der Zirkuswoche üben die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 23 Jahren gemeinsam Kunststücke ein, z.B. Jonglage, Akrobatik und Zauberei. In einer Abschlussvorstellung führen die Teilnehmer/innen ihren Familien, Freunden und allen Interessierten vor, was sie in der Zirkuswoche gelernt haben. Die Zirkuswoche soll es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, ihre Freizeit nach ihren persönlichen Wünschen, Bedürfnissen und Fähigkeiten zu gestalten. Der Veranstalter und Projektverantwortliche Henning Sittlinger beschreibt den Inhalt und das Ziel des Projekts so: „Das Projekt zielt darauf, im Rahmen des Formates Offene Kinder- und Jugendarbeit Angebote zu schaffen, die gemeinsam von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen genutzt werden. Diese Angebote setzen bei gemeinsamen Interessen an und ermöglichen auf dieser Ebene vielfältige Begegnungen zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen.“

Zirkus für alle in Reken

Henning Sittlinger, der pädagogische Leiter des Jugendzentrums in Reken, initiierte die erste „Inklusive Zirkuswoche“, die erstmalig im Jahr 2014 stattfand. Seitdem wird das Projekt jährlich in den Herbstferien fortgeführt. Sittlinger möchte die Teilhabe an kulturellen Angeboten in der Gemeinde allen Kindern und Jugendlichen gleichermaßen zugänglich machen und die Gemeindemitglieder für das inklusive Miteinander begeistern. Aus diesem Grund schuf er ein inklusives Angebot im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Die Nähe zum Benediktushof Maria Veen gGmbH, einem Träger der Behindertenhilfe in der Gemeinde Reken, wurde als Grundlage für eine erfolgreiche Vernetzung angesehen. Die Fachkräfte unterstützen seitdem die Planung und Durchführung der Zirkuswoche, indem sie ihre Bewohner/innen für das Projekt begeistern und das Team der Zirkuswoche sowie die Teilnehmer/innen während des Projekts begleiten. Es war den Beteiligten wichtig, das Augenmerk vorwiegend auf die Kinder und Jugendlichen zu richten, sich Möglichkeiten für Erfahrungsräume auszudenken und das unverbindliche Zusammenkommen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zu fördern.

Die „Inklusive Zirkuswoche“ ist ein offen gestaltetes Projekt. Interessierte Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 23 Jahren mit und ohne Behinderungen können an dem Projekt teilnehmen. Wer sich zuerst anmeldet, bekommt den Platz. Jedes Jahr steht die „Inklusive Zirkuswoche“ unter einem anderen Thema, z.B. 1001 Nacht. Über die Woche hinweg üben die Kinder und Jugendlichen gemeinsam verschiedene Disziplinen ein, u.a. Jonglage, Stelzenlauf, Akrobatik, Einrad fahren, Rope-Skipping, Fakirkünste, Seillaufen, Moderation, Zauberei, Trapez, Clowns, etc.. Die Kinder entscheiden nach Interessen und Fähigkeiten, welchen Bereich/Disziplin sie einüben möchten, zudem helfen die Kinder bei der Bühnengestaltung mit. Erfahrene, eigens für die Projektwoche engagierte Zirkuspädagog/inn/en leiten die Kinder und Jugendlichen an. Insgesamt wird die auf mittlerweile 60 Teilnehmer/innen angewachsene Gruppe zusätzlich noch durch 10 Honorarkräfte unterstützt. Das Projekt wird innerhalb einer Woche ganztägig durchgeführt, sodass alle Kinder täglich ihre Disziplinen einüben können. Die meisten Teilnehmer/innen mit Behinderungen sind Bewohner/innen des Benediktushofs, darüber hinaus nehmen auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung teil, die zu Hause durch ihre Angehörigen betreut werden. Diese werden von ihren Familienangehörigen gebracht. Die Bewohner/innen des Benediktushofs werden vom Fahrdienst der Einrichtung gebracht und wieder abgeholt. Alle Veranstaltungs- und Probenorte wie das RekenForum, das Jugendzentrum und regionale Sporthallen sind weitgehend barrierefrei und mit allen behindertengerechten Einrichtungen wie beispielsweise Behinderten-WCs, ausgestattet. Das Jugendzentrum befindet sich auf der ersten Etage eines Gebäudes, erhielt jedoch nachträglich einen Aufzug. Für den Bühnenaufgang wird vom Jugendzentrum ein Hublifter gemietet, damit die Teilnehmer/innen im Rollstuhl auf die Bühne kommen.
 

Wir möchten gesehen werden!

Das Projekt hatte von Beginn an den Anspruch, in die Gemeinde getragen zu werden. Das während der Woche Eingeübte führen die Kinder und Jugendlichen ihren Familien, Freunden und allen Interessierten in einer zweieinhalbstündigen Vorstellung im barrierearmen RekenForum vor, das für die Besucher rollstuhlgerecht zugänglich ist. In Reken gehören laut Sittlinger Menschen mit Behinderungen zum Stadtbild. Aufgrund dessen sei es leicht, die Inklusive Zirkuswoche in der Gemeinde zu bewerben. Die Kinder und Jugendlichen des Teams „Bühnenbild und Plakate“ gestalten jährlich eigene Plakate zur „Inklusiven Zirkuswoche“, die von Dienstleistern, Gaststätten uvm. gut angenommen und gerne aufgehangen werden. Auch Flyer werden von den Jugendlichen in der Gemeinde und in den Schulen verteilt. Die Gemeindezeitung und die Lokalpresse machen ebenfalls auf die Aufführung der Zirkuswoche aufmerksam und berichten im Nachgang von den Aufführungen. Das Jugendzentrum nutzt auch soziale Netzwerke wie Facebook, um auf die „Inklusive Zirkuswoche“ hinzuweisen. Inzwischen hat das Jugendzentrum auch eine eigene Homepage, da die Gemeinde Reken das Jugendzentrum fördert, in dem sie die technische Infrastruktur zur Verfügung stellt. Kontaktinformationen vom Jugendwerk Reken e.V. sind derzeit zu finden auf der Seite der Gemeinde Reken.
 

Gemeinsam stark im Sozialraum

Hauptverantwortlich für die „Inklusive Zirkuswoche“ und die künstlerische Gestaltung ist das Jugendzentrum AREA 48734 in der Trägerschaft des Vereins Jugendwerk Reken e.V. unter der Leitung von Henning Sittlinger. Das Angebot der „Inklusiven Zirkuswoche“ wird zusammen mit den im Sozialraumteam Reken vertretenen Trägern der Jugendarbeit und Behindertenhilfe im Sozialraum geplant und durchgeführt. Im Sozialraumteam Reken sind vertreten:

  • das Kreisjugendamt Borken, Abt. Kinder- und Jugendförderung

  • das Jugendzentrum „Area 48734“ der Gemeinde Reken in Trägerschaft des Jugendwerks Reken e.V.

  • das ev. Jugendzentrum „JUH Bahnhof Reken“ in Trägerschaft der ev. Kirchenge-meinde in Reken

  • der Benediktushof Maria Veen gGmbH

  • Schulsozialarbeiter/innen der weiterführenden Schulen in Reken

Die Eltern helfen bei der Verpflegung während der Proben und stiften den Kuchen, der am Abend der Veranstaltung zur Verfügung steht. Auch die Gaststätte Schneermann beteiligt sich aufgrund einer Kooperation mit dem Rekener Gaststättenverein und übernimmt kostengünstig das Catering bzw. die Verpflegung.

Bei dem Budget des Jugendzentrums handelt es sich um Gelder vom Landesjugendamt, ebenfalls werden Fördermittel vom Kreisjugendamt genutzt. Ansonsten betreiben die Projektverantwortlichen hauptsächlich Fundraising, Ausfallkosten werden notfalls auch von der Gemeinde getragen. Das Budget für die Inklusive Zirkuswoche beträgt knapp 15.000,00 € für die gesamte Woche. Für diese Kosten wird ein Förderantrag beim LWL gestellt. Das Jugendwerk Reken e.V. trägt einen Eigenanteil und das Jugendamt des Kreises Borken übernimmt die Kosten für die Verpflegung, die nicht vom LWL getragen werden.
 

Der Erfolg gibt dem Projekt Recht

Die „Inklusive Zirkuswoche“ konnte sich nach dem Startschuss im Jahr 2014 bereits verstetigen und ist seither gewachsen. Während im ersten Jahr überwiegend Eltern, Freunde und weitere Angehörige der Teilnehmer/innen die Veranstaltung besuchten und sich die Besucherzahl unter 100 bewegte, lag die Besucherzahl im Jahr 2018 bei knapp 350 Personen. Die Teilnehmerzahl hat sich bis zum Jahr 2016 verdoppelt, das Projekt startete mit 30 Kindern und Jugendlichen, mittlerweile können bereits 60 Kinder und Jugendliche das Angebot wahrnehmen. Was in einem Arbeitsgespräch als Idee begann, ist mittlerweile zur festen Kooperation zwischen dem Jugendzentrum „AREA 48734“, dem Benediktushof Maria Veen gGmbH und vielen weiteren Akteuren geworden.
 

Ein lachendes und ein weinendes Auge  wichtige Erfahrungen des Projektverantwortlichen 

Die Finanzierung des Projekts, um die sich der Projektverantwortliche Henning Sittlinger, kümmert, erfordere eine gute Planung sowie vertrauensvolle Absprachen. Eine Herausforderung sei insbesondere die Antragstellung für die Fördergelder beim LWL, da jede Förderposition gut begründet werden müsse. Es wirkt für den Projektverantwortlichen unnötig kompliziert, dass auf dem Formular für die Antragstellung immer wieder umfassend begründet werden muss, warum z.B. ein Hublifter notwendig ist. die lange Bearbeitungszeit führe dazu, dass sich die Planung verzögere, da der Antrag jedes Jahr erst sehr kurzfristig vor dem Start der „Inklusiven Zirkuswoche“ genehmigt werde. In der Zwischenzeit könne man nur durch Absprachen darauf hoffen, dass die Referent/inn/en und die anderen am Projekt beteiligten Dienste diese Wartezeit bis zur Bewilligung in Kauf nehmen und trotzdem dem Projekt treu bleiben. Problematisch sei weiter, dass man bei der Gestaltung einer vereinseigenen Homepage von der Gemeinde abhängig ist. Das Jugendzentrum ist auf die Gemeinde angewiesen, wenn inhaltliche Informationen zeitnah erscheinen sollen. Die Gemeinde sehe das Hochladen von Informationen über das Jugendzentrum jedoch nicht als Priorität an und die „Inklusive Zirkuswoche“ bekomme dort keine eigene Rubrik. Die mangelnde Barrierefreiheit an den Aufführungsorten sei zudem immer wieder ein Problem. Häufig müsse man nachhaken, wie der Zugang zur Bühne möglich wird und ob Rampen bzw. ausreichend Helfer/innen vorhanden sind.

Besonders gut funktioniere bei der „Inklusiven Zirkuswoche“ das Lernen voneinander. Ob Menschen mit oder ohne Behinderungen, alle Beteiligten wachsen während der Proben und Vorstellungen über sich hinaus und machen so die Erfahrung der eigenen Selbstwirksamkeit. Die Ergebnisse der harten Arbeit, so Sittlinger, haben regen Anklang bei Publikum und Presse gefunden. Er betont, dass ohne großes Engagement und persönlichen Einsatz ein solches Projekt nicht zu realisieren sei. Die knappen Mittel, die aufwendige Planung und Organisation, eine hohe Arbeitsbelastung sowie eine ausreichende Qualifizierung der Mitarbeiter/innen seien nur einige der zu überwindenden Schwierigkeiten. Dabei sei gerade das Medium Zirkus ein geeignetes Instrument, um viele Leute zu erreichen, um ganz unterschiedliche Menschen in Spiel und Spaß zusammenzubringen und Empowerment-Prozesse anzuregen. Als Besonderheit des Projektes stellt er heraus, dass jedes Ensemblemitglied eine wichtige Rolle für die Gruppe spiele. Das gegenseitige unterstützen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen und das Einbringen eigener Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen in jedem Stück mache die „Inklusive Zirkuswoche“ und die daraus resultierenden Vorstellungen aus. Sittlinger resümiert abschließend, dass bei allen Hindernissen das Ergebnis für sich spreche: „Nach jeder Aufführung verschlägt es mir vor Rührung die Stimme, obwohl ich mir immer vornehme hinterher noch etwas zu sagen. Das kann ich dann nicht mehr. Es entwickelt sich immer weiter – und die Kinder, wie sie am Ende auf der Bühne stehen und mit strahlenden Augen das Publikum verabschieden. Einfach nur schön!“

 

Einschätzung des Inklusionskatasters anhand der Kriterien des Katasters

Förderung der Teilhabe an Freizeit und Kultur, Gleichberechtigung für Kinder mit Behinderungen und Bewusstseinsbildung

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen können meist nur spezielle und separierende Freizeitangebote im Rahmen der professionellen Behindertenhilfe wahrnehmen. Die Kontaktmöglichkeiten zwischen Kindern mit und ohne Behinderungen werden dabei blockiert, die breite Öffentlichkeit wird durch Angebote der Behindertenhilfe tendenziell selten erreicht und angesprochen. Das Projekt „Inklusive Zirkuswoche“ setzt sich über diese segregierenden Strukturen hinweg und schafft Zugänge für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zu einem außergewöhnlichen Freizeitangebot, an dem sie gemeinsam und gleichberechtigt mit allen anderen Kindern teilnehmen können. Damit leistet das Projekt u.a. einen Beitrag zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Freizeitangeboten sowie am kulturellen Leben (Artikel 30 UN-BRK). Darüber hinaus nimmt es die Gleichberechtigung von Kindern mit Behinderungen in den Blick (Artikel 7 UN-BRK) und sensibilisiert Teilnehmer/innen, Familien und die Öffentlichkeit für die Bedürfnisse und Potentiale von Menschen mit Behinderungen und zielt auf den Abbau von Vorurteilen (Artikel 8 UN-BRK). In der „Inklusiven Zirkuswoche“ eröffnet sich ferner für Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit – sich durch eigene Kreativität, wie z.B. in Texten und Bühnengestaltungen – zu entfalten (Artikel 21 UN-BRK) und auf der Bühne die eigene Selbstwirksamkeit zu erfahren.
 

Gemeinwesenbezug

Das Projekt wird im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit publik gemacht, dafür werden eigene Werbematerialien (z.B. Flyer, Plakate und Einladungen) erstellt und verteilt. Ferner werden die Lokalpresse und soziale Medien genutzt. Transparenz wird erzeugt durch tägliche Einführungs- und Abschlussrunden für die Teilnehmer/innen sowie Teamgespräche mit dem Durchführungsteam, Elternbriefe mit allen notwendigen Informationen, öffentliche Einladungen zur Aufführung und Berichterstattung in verschiedenen lokalen Medien. Das Projekt ist für die Öffentlichkeit sowohl zugänglich als auch sichtbar, auch wenn es in diesem Rahmen Einschränkungen gibt (vgl. Weiterentwicklungspotenziale). Die Planungsstrukturen sind vom Jugendzentrum entwickelt worden und haben als Grundlage die bereits bestehende Kooperation zur Einrichtung Benediktushof in Maria-Veen. Gemeinsam hatte man überlegt, wie man Kräfte bündeln kann, um Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen zu bringen kann. Das Projekt ist darüber hinaus in keine (über-)regionalen Planungsstrukturen eingebunden. Es besteht auch (noch) keine Verbindung zur Koordinierungsstelle „Inklusives Borken“. Das Projekt wurde in Eigeninitiative entwickelt, um die Möglichkeiten der Inklusion in der Gemeinde Reken zu fördern.
 

Partizipative Ausrichtung und Barrierefreiheit

Laut Henning Sittlinger können die Kinder ihre Disziplinen selbst auswählen und vorher alle Disziplinen testen, auch wenn manche Disziplinen auf den ersten Blick nicht barrierefrei erscheinen (beispielsweise Kugellaufen für Rollifahrer). Diese Barrieren werden durch den Projektverantwortlichen als subjektive Empfindungen deklariert. Wenn die Teilnehmer/innen beispielsweise die Kugel ausprobieren möchten, werden sie von Teammitgliedern und Pädagog/inn/en unterstützt. Dies wird jeweils individuell mit den Teilnehmer/inn/en besprochen, z.B. Wo sind Haltemöglichkeiten? Welcher Unterstützungsbedarf wird seitens der Teilnehmer/innen eingefordert? Auch der Bühnenaufgang wird durch einen angemieteten Hublifter zugänglich gemacht. Die Teilnehmer/innen helfen zudem mit, die Bühnenbilder zu gestalten (soweit keine Sicherheitsbedenken vorliegen) und bei der Gestaltung und Verbreitung der Werbung wie z.B. Flyer, Plakate und Eintrittskarten. Das Grundthema der Zirkuswoche wird jeweils vorgegeben, die Kinder sind aber in der Umsetzung des Themas partizipativ einbezogen und können ihre Ideen und Wünsche für die Vorstellung einbringen. Die Kinder und Jugendlichen sind auch diejenigen, die ihrem Projekt – also dem Zirkus – den Namen geben und hierfür die Einladungen für ihre Familien und Freunde selbstständig erstellen. Sie sind auch darin einbezogen, die Raumdekoration gemeinsam mit dem Kreativteam zu planen und umzusetzen. Jeden Tag des Projekts gibt es eine Kreativgruppe als Disziplin, die sich hierum kümmert. Die Kinder und Jugendlichen sind auch aktiv daran beteiligt, die Dekoration für ihre aufzuführende Disziplin zu gestalten, welche dann separat für jede Disziplin auf der Bühne aufgebaut wird. Auch können die Kinder und Jugendlichen eigene Texte oder andere Künste in die Kreativgruppe bzw. die Vorstellung einbringen.
 

Weiterentwicklungspotentiale

Die Beteiligung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen ist den Verantwortlichen wichtig und im Konzept für die „Inklusive Zirkuswoche“ verankert. Allerdings haben Menschen mit Behinderungen nicht dabei mitgeholfen, das Projekt zu planen. Auf der Ebene der Koordination und innerhalb des Mitarbeiterteams können zudem mehr Akteure mit Behinderungen einbezogen werden. Die Finanzierung und die Beantragung von Fördermitteln sind sehr aufwendig. Hinzu kommt, dass späte Förderzusagen die Projektplanung im Vorfeld hemmen. Der zeitliche wie auch der personelle Aufwand sind hoch, so dass das Projekt auch langfristig auf Fördermittel angewiesen ist. Das Projekt ist zusätzlich auf die Unterstützung durch Eltern und Ehrenämter sowie die Gemeinde und andere Förderer angewiesen. Dieser Umstand schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Projektverantwortlichen in einigen Bereichen ein (z.B. bei der Gestaltung einer eigenen Homepage). Da die Teilnehmerzahl auf derzeit 60 Kinder eingeschränkt ist (Stand: Mai 2019) können u.U. viele interessierte Kinder und Jugendliche nicht teilnehmen. Auch sind die meisten Teilnehmer/innen mit Behinderungen Bewohner/innen des Benediktushofs. Im Bereich Weiterentwicklung bzw. Ausbau des Projekts könnte deswegen überlegt werden, weitere Kinder mit Behinderungen – auch außerhalb der Einrichtung des Benediktushofs – aufzunehmen. Ferner kann überlegt werden, wie man die Zugänglichkeit für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Behinderungen erhöhen kann und die Hilfen weiterentwickeln kann. Beispielsweise kann durch den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscher/inne/n die Verständigung bei einer Sinnesbeeinträchtigung besser gelingen. Nehmen Kinder mit Hörbeeinträchtigungen am Projekt teil, gibt es keine Gebärdendolmetscher/innen, die Verständigung erfolge laut den Verantwortlichen eher pragmatisch mit Händen und Füßen bzw. Bildkarten. Sehbehinderte Teilnehmer/innen können zwar begünstigt durch den hohen Stellenschlüssel und durch die Unterstützung anderer Teilnehmer/innen an allen Aktionen des Projekts teilnehmen, allerdings können Unterstützungsbedarfe zielgerichteter und weniger improvisiert erfolgen, da die Kinder sich u.U nicht ausreichend verständigen können. Gleiches gilt für das Publikum. Da keine Anmeldungen für den Aufführungstag benötigt werden, können die Veranstalter keine genauen Aussagen dazu treffen, ob und inwiefern beispielsweise Menschen mit Sehbehinderungen zur Vorstellung kommen. Für Gäste mit einem Rollstuhl beachte die Bestuhlung des RekenForums sowohl die Standards für Flucht- und Rettungswege als auch die Platzmöglichkeit für Rollstuhlfahrer/innen. Zudem verfüge das RekenForum über behindertengerechte WCs. Ein rollstuhlgerechter Zugang allein reicht aber nicht aus, um interessierten Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen wie z.B. Sinnesbeeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten, die Aufführungen sichtbar zu machen.  
 

Das einzigartige Erlebnis von Inklusion im Zirkus 

Das Besondere an dem Projekt „Inklusive Zirkuswoche“ sind die Menschen, die durch das Projekt zusammenkommen: die Akteure, die Ihre Scheu vor Fremdem verlieren und Berührungsängste abbauen. Kinder und Jugendliche, die Selbstwirksamkeit erfahren und eigene Hemmschwellen überwinden, z.B. ein Kind, das sich nach drei Jahren im Projekt getraut hat, mit dem Rollstuhl über ein Seil zu fahren. Alle Akteure gemeinsam arbeiten an einem Projekt, in dem sie Räume für Erfahrungen und Begegnung schaffen. Das Ergebnis wird abschließend dem Publikum präsentiert.

Die inklusive Zirkuswoche schafft Aufmerksamkeit für das Motto „Behindert ist man nicht, behindert wird man“. In der Darbietung werden die Stärken, Ressourcen und Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen sichtbar, ohne dass die Behinderungen im Vordergrund stehen und hinderlich sind. Durch das Erleben der Zuschauer und das inklusive Miteinander der beteiligten Kinder und Jugendlichen kann der Umgang mit Differenz innerhalb der Gemeinde positiv verändert werden. Die Teilnehmer/innen partizipieren, indem sie für sich bestimmen können, was sie darbieten möchten und in welcher Form. Bei Bedarf werden sie dabei unterstützt, ihre Darbietungen ausüben zu können. Während der Projektwoche seien keine Segregationstendenzen zu erkennen. Zusätzlich entstehen durch die Zusammenkunft von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen neue, wertschätzende und tragfähige Freundschaften. Für die Beteiligten des Projekts und das Publikum wird daher ein unvergessliches Erlebnis dargeboten. Henning Sittlinger: „Nach Abschluss der Woche weinen die Kinder, weil es vorbei ist.“ Insgesamt bereichert das Projekt die kulturelle Landschaft in Reken und trägt damit zu einem inklusiven Reken bei. Das Projekt kann als Vorbild dienen, eine solche Veranstaltung umzusetzen, da es viele unterschiedliche Akteure zusammenbringt und das Gemeinwesen bereichert.  

Lebensbereich

  • Freizeit

Ansprechpartner/in

Jugendwerk Reken e.V.
Jugendzentrum AREA 48734 
Henning Sittlinger (pädagogische Leitung)
Overbergstraße 11
48734 Reken (Kreis Borken)

Tel: 02864 944-381
Email: h.sittlinger@reken.de
Homepage des Jugendzentrums AREA 48734: https://area.reken.de/ 

Bildrechte

Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden uns von den jeweiligen Projektverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dem Projektpartner bleiben alle Urheberrechte vorbehalten.