„NimmBus“ & „Jeder Bus – Inklusion erfahren“

Beispiele: „NimmBus“ & „Jeder Bus – Inklusion erfahren“

Oftmals bestehen für Personen mit Beeinträchtigungen erhebliche Hindernisse bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Barrieren zeigen sich insbesondere in Form einer mangelnden Ein- und Ausstiegshilfe, in Form mangelnder akustischer und visueller Hinweise oder in Form anderer Unsicherheiten (z.B. in Bezug auf Fahrgastinformation, bei der Begegnung mit Menschen mit Beeinträchtigungen).

Im Projekt NimmBus – wir machen fit für den Bus“ führt die Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU) Busschulungen für Personen in allen Altersgruppen durch. Im weiteren Projekt der VKU „Jeder Bus – Inklusion erfahren“ geht es um die Identifizierung und Beseitigung von Hindernissen, die bei der Nutzung von Bussen für Menschen mit Behinderung vorhanden sind.

Auf NimmBus – wir machen fit für den Bus“ wird nur kurz eingegangen. Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegt auf dem Projekt „Jeder Bus – Inklusion erfahren“.

Hierbei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von der VKU und dem Kreis Unna. Die Verkehrsgesellschaft wurde bereits 2010 mit der Durchführung des Projekts „NimmBus“ beauftragt. Unter dem Motto „Bus fahren muss man lernen“ gibt es im Rahmen dieses Projekts u.a. Busschulungen für Personen in allen Altersgruppen. Die Busschulen und konkrete Schulungs- und Trainingsmaßnahmen zielen auf die Förderung des sichereren Busfahrens und auf den Erhalt der eigenständigen Mobilität.

2013 entstand das Projekt „JederBus – Inklusion erfahren“.

Ziel dieses Projektes war es, Menschen mit

  • unterschiedlichen Beeinträchtigungen und

  • aus unterschiedlichen Altersstufen

  • größtmögliche Mobilität zu ermöglichen und damit insgesamt die Nutzung des ÖPNV für alle zu verbessern.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird im Rahmen des Projektes eng mit betroffenen Menschen zusammengearbeitet. Es gibt hierbei viele, verschiedene Teilprojekte: wie Bus.Hör.Stelle, Flyer in Leichter Sprache, Busausstattung, Bus- und Sicherheitstrainings, BusNavi und Akzeptanz / Toleranz.

Das Projekt leistet einen wesentlichen Beitrag zur gleichberechtigten Nutzung des ÖPNV (Barrierefreiheit bezogen auf Transportmittel, Verkehrswege und Informationen gemäß Art. 9 der UN-BRK) und gewährleistet bzw. erleichtert die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft, die selbstbestimmte Lebensführung und die persönliche Mobilität im Sinne von Art. 19 i.V. m. Art. 20 der UN-BRK. Die Maßnahmen hinsichtlich der Akzeptanz und Toleranz wirken gleichzeitig bewusstseinsbildend im Sinne von Art. 8 der UN-BRK.

Lebensbereich

  • Öffentlicher Raum

  • Bürgerschaftliches Engagement

  • Kommunikation und Interaktion

  • Politik

     

Gebietskörperschaft

Kreis Unna

Einwohnerzahl

ca. 391.622

Zuordnung zu Dimensionen

  • Gestaltung einer barrierefreien Infrastruktur,

  • Partizipation und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen,

  • Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Idee der Inklusion

Ausschlaggebender Impuls

Knapp 100.000 Menschen mit einer festgestellten Behinderung leben im Kreis Unna. Dies entspricht ca. 25 % der Bevölkerung im Kreisgebiet. Auch die Schwerbehindertenquote liegt mit etwa 17 % ungewöhnlich hoch. Nicht eingerechnet wurden Menschen mit leichten Behinderungen (zum Beispiel Leseschwächen). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales spricht deutschlandweit von 9,6 Mio. beeinträchtigten Menschen (11,7 % der Bevölkerung), davon haben 7,1 Mio. einen Schwerbehindertenausweis. Für den Kreis Unna war dies der Anlass das Projekt „NimmBus“ zu er­weitern. So entstand 2013, verstärkt durch die UN-Behindertenrechtskonvention und Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vom 1. Januar 2013 das Projekt „JederBus – Inklusion erfahren“. Das PBefG schreibt eine komplette Barrierefreiheit im ÖPNV bis 2022 vor.

Um kurzfristig etwas zu bewegen und zu verändern, hat sich der Kreis Unna auf den Weg begeben und die Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH (VKU) Anfang 2013 mit dem Projekt „Jeder Bus – Inklusion erfahren“ beauftragt. Hierzu wurde zunächst für drei Jahre eine geförderte Personalstelle eingerichtet. Die VKU gehört zur Unternehmensgruppe der Westfälischen Verkehrsgesellschaft mbH und betreibt den kommunalen Nahverkehr im Kreis Unna mit 174 (davon 78 eigenen) Bussen und 227 Mitarbeiter/inne/n.

Ziele des Projekts

Die Mobilität ist ein Grundbedürfnis aller Menschen. Insbesondere für beeinträchtigte Menschen ist das eigenständige und selbstbestimmte Unterwegssein-Können ein zentraler Bestandteil ihrer Selbständigkeit. Ziel des Projekts ist es, Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und aus allen Altersstufen eine größtmögliche Mobilität zu ermöglichen und sie „ÖPNV-fit bzw. -fitter“ zu machen. Gleichzeitig soll damit auch der Anteil der beeinträchtigten Menschen, die den Bus nutzen können, erhöht werden. Insgesamt soll mit dem Projekt die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen (oder mit sonstigen Nutzungsschwierigkeiten) am gesellschaftlichen Leben und ihre selbständige Bestimmung des Alltags gefördert werden.

Die Ziele des Projektes knüpfen damit v.a. an Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskonvention (Zugänglichkeit) an, in dem es um die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren und um den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen u.a. geht. Gleichzeitig trägt die Zielsetzung der persönlichen Mobilität und der gleichberechtigten und selbstbestimmten gesellschaftlichen Teilhabe Rechnung (Artikel 19 „unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft“ i.V. m. Art. 20 „persönliche Mobilität“ der UN-BRK).

Auch Artikel 8 der UN-BRK (Bewusstseinsbildung) wird Rechnung getragen, in dem durch verschiedene Aktion gezielt mehr Toleranz unter den Fahrgästen initiiert wird.

Die Zielsetzung steht mit weiteren normativen und rechtlichen Vorgaben wie dem Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG NRW) und den DIN-NORMEN im Zusammenhang (siehe auch ‚rechtlicher Rahmen’).

Die Zielsetzung des Projektes steht des Weiteren mit dem Aktionsplan des Kreises in Unna in einem Zusammenhang. Der Aktionsplan ‚Kreis Unna inklusiv – auf dem Weg zu einer inklusiven Verwaltung. Handlungsprogramm 2013 – 2015 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention‘ kann online unter: http://www.kreis-unna.de/fileadmin/user_upload/Kreishaus/kfp/pdf/Inklusion/2PM_Bericht_Umsetzung_der_Behindertenrechtskonvention_2012.pdf eingesehen werden.

Rechtlicher Rahmen

Für die Berücksichtigung der Belange von beeinträchtigten Personen im ÖPNV greift zunächst das allgemeine Benachteiligungsverbot im Grundgesetz (Artikel 3 GG).

Das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in NRW (ÖPNVG NRW) verpflichtet „die Belange insbesondere von Personen, die in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkt sind, im Sinne der Barrierefreiheit nach dem Bundesbehindertengleichstellungsgesetz und nach dem Behindertengleichstellungsgesetz NRW zu berücksichtigen“ (§ 2 Abs. 8). Diese Vorschrift ist insbesondere bei Fördermitteln von Relevanz. Nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird bei der Bewilligung von Fördergeldern die Einhaltung dieser Vorschrift durch Anhörung entsprechender Beauftragter der Kommunen geprüft. Der ÖPNV obliegt den Kommunen bzw. gehört zu den Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. Auch die zum 01.01.2013 in Kraft getretene Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) enthält Regelungen zur Barrierefreiheit. Das PBefG verpflichtet dazu, in den Nahverkehrsplänen (NVP) die Belange von in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen bis zum 01.01.2022 eine vollständig barrierefreie Nutzung der öffentlichen Nahverkehrsangebote zu erreichen (siehe hier insbesondere den Leitfaden der ad-hoc-Arbeitsgruppe der Bundesarbeitsgemeinschaft ÖPNV der kommunalen Spitzenverbände 2014. (http://www.kreise.de/__cms1/images/stories/themen/Verkehr/452-14%20A.pdf)

Ebenso ist das Behindertengleichstellungsgesetz für Nordrhein-Westfalen entscheidend, worin sich eine umfassende Barrierefreiheit ableiten lässt:

„Barrierefreiheit ist die Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen. Der Zugang und die Nutzung müssen für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein; hierbei ist die Nutzung persönlicher Hilfsmittel zulässig. Zu den gestalteten Lebensbereichen gehören insbesondere bauliche und sonstige Anlagen, die Verkehrsinfrastruktur, Beförderungsmittel im Personennahverkehr, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen sowie Kommunikationseinrichtungen“ (§ 4 BGG NRW).

Gefordert werden hierin die gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen und die selbstbestimmte Lebensführung durch barrierefrei gestaltete Gegebenheiten. Der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung wird hier insbesondere durch den Wortlaut „ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe“, d.h. ohne Hilfe Dritte, Rechnung getragen.

Im Hinblick auf digitale Informationen verpflichtet die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (BITV-NRW) die Kommunen, ihr Internet-und-Intranet- Angebot so zu gestalten, dass es für alle wahrnehmbar, bedienbar und verständlich ist.

Nach § 7 BGG NRW soll das öffentliche Bau- und Verkehrswesen barrierefrei gestaltet werden.

Folgende Normen des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) greifen für den ÖPNV (hierzu mehr unter nullbarriere.de):

  • DIN 18040-3 (2014): „Barrierefreies Bauen - Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum“ – ersetzt die DIN 18024-1 Straßen, Plätze, Wege, öffentliche Verkehrs- und Grünanlagen sowie Spielplätze

  • DIN 32975 (2009): Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung, Normausschuss Medizin

  • DIN 32984 (2011): Bodenindikatoren im öffentlichen Raum, Normausschuss Medizin

  • DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude, Normausschuss Bau

Maßnahmen

Bereits zu Beginn des Projektes und bei der Beschäftigung mit dem Thema Barrierefreiheit und Inklusion wurden Probleme, welche die Busnutzung erschweren, gemeinsam mit beeinträchtigten Menschen aufgedeckt. Die Projektverantwortlichen betonen, dass beeinträchtigte Menschen am besten wissen, welche Barrieren für sie bestehen und auch Hinweise geben können, wie diese zu beseitigen sind. Somit stand von Anfang an fest, dass die Zusammenarbeit mit den Betroffenen unentbehrlich ist, um sinnvolle, effektive, nachhaltige und auf die Menschen zugeschnittene Arbeit leisten zu können.

Da jede Beeinträchtigung ganz spezifische Probleme und Bedürfnisse mit sich bringt, gibt es verschiedene Zielgruppen im Rahmen des Projektes:

  • Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen,

  • die schlecht hören

  • oder schlecht sehen

  • oder schlecht gehen

  • Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen

  • Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Zum Projektstart wurden Behindertenbeiräte, Förderschulen sowie zahlreiche Vereine und Selbsthilfegruppen angeschrieben und über das Projekt informiert. Insgesamt 70 Schreiben wurden versandt. ImSchreiben wurde das Projekt vorgestellt, das Interesse an einer Zusammenarbeit abgefragt und um Unterstützung für das Projekt – in Form der Suche wichtiger Multiplikator/inn/en – gebeten.

Schon hier zeigte sich ein großes Interesse an dem Thema ÖPNV, da eine fast 50%-ige Rücklaufquote erreicht wurde. 34 interessierte Gruppen und Vertreter/innen von Trägern / Ein­richtungen und Schulen wurden zu Informationsgesprächen eingeladen. Ziel dieser Ge­spräche war es, einerseits das Projekt und die bisherigen Überlegungen ausführlich vor­zustellen, andererseits mit den Betroffenen als Experte in eigener Sache, ein weite­res, sinnvolles Vorgehen abzustimmen. Die geplante Arbeitsweise mit Multiplikato­r/inn/en stieß auf breite Zustimmung. Zudem wurde vereinbart, in der nächsten Phase in Work­shops weiterzuarbeiten, um konstruktiv tätig zu werden.

Um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse besser eingehen zu können, gab es zielgruppenspezifische Workshops für

  • mobilitätseingeschränkte Menschen

  • Menschen mit Sehbehinderung

  • Menschen mit Lernschwierigkeiten

  • Menschen mit psychischer Behinderung

  • Menschen mit Hörbehinderung

  • Förderschulen

Auch das Problem des Analphabetismus wurde in den Fokus gerückt. Der Anteil der Bevölkerung, der nicht richtig lesen kann, beträgt 14,5% im Bundesdurchschnitt. Dies bedeutet für den Kreis Unna das ca. 58.000 Bürger nicht richtig lesen können.

Es stellten sich die zentralen Fragen: Wie meistert man den ÖPNV, wenn man den Fahrplan nicht lesen kann oder ihn nicht erkennt; in welchen Bus muss eingestiegen werden? Nachdem dieses Problem erkannt wurde, kontaktierte das Projekt die Volkshochschulen im Kreis Unna, um mit den Teilnehmern der dort stattfindenden Alphabetisierungskursen in Kontakt zu kommen.

Ziele der Workshops war es, herauszufinden welche Hindernisse konkret die Busnutzung beeinflussen und Wege zu finden, diese Hindernisse zu beseitigen.

51 Teilnehmer/innen beteiligten sich. Es gab rege Diskussionen, in denen gegenseitiges Verständnis geweckt und Zusammenhänge geklärt werden konnten. Die Teilnehmer/innen sammelten zielgruppenspezifische Probleme bei der ÖPNV-Nutzung, suchten nach Lösungsmöglichkeiten und legten eine Prioritätenliste zur Umsetzung fest. Hier konnten beide Seiten darstellen:

  • was unbedingt nötig ist,

  • was umsetzbar ist,

  • aber auch, was leider (noch) nicht leistbar ist.

Daraus definierten sich Teilprojekte, die seit 2013 in enger Zusammenarbeit mit den Beteiligten bearbeitet werden.

Diese Teilprojekte befassen sich mit unterschiedlichen Problemen und gliedern sich in weitere Unterprojekte auf.

 

Teil- und Unterprojekte im Überblick

A Fahrgastinformationssysteme und Sprache

Gemeinsam mit den VHS-Kursen für Menschen mit Schreib- und Leseschwächen, verschiedenen Einrichtungen für geistig behinderte Menschen und der Fachagentur „Leicht gesagt – Agentur für leichte Sprache“ entwickelte die VKU im vergangenen Jahr drei Prospekte: Zunächst den Flyer „Einfach Bus fahren“, in dem grundsätzlich erklärt wird, welche Tickets es gibt und woher man erfahren kann, wann ein Bus fährt. Die Resonanz auf den Flyer übertraf alle Erwartungen, so dass im gleichen Stil weitere Flyer zur Nutzung der Taxibusse und zum Thema „SozialTicket“ entstanden. Bei der Verteilung der Flyer zeigte sich, dass auch Menschen außerhalb der gedachten Zielgruppe von vereinfachten Darstellungen profitieren, so zum Beispiel auch Senior/inn/en und Menschen mit Migrationshintergrud. Die Flyer sind in den Bussen der VKU und in den Vorverkaufsstellen erhältlich.

 

Bus-Navi App

Mit dem BusNavi versucht das Projekt, Orientierungsprobleme zu lösen. Diese, ursprünglich für blinde Menschen, entwickelte App kommuniziert über eine Bluetooth-Schnittstelle mit dem Bus. Die App ist ab sofort in den App-Stores zu finden. Die App kann

  • zur Haltestelle navigieren

  • Busverbindungen suchen

  • die Einfahrt des Busses an der Haltestelle ansagen

  • die Rollstuhltaste fernbedienen

  • während der Fahrt die Haltestellen ansagen

  • die Haltewunschtaste bedienen und

  • zum Ziel navigieren.

Die Busse und die Auftragsunternehmer sind mit Bluetooth-Geräten ausgerüstet. Diese Geräte kommunizieren mit der App auf dem Handy. Blinden und sehbehinderten Menschen, aber auch mobilitätseingeschränkten Menschen, Senior/inn/en, Bus- oder Ortsfremden wird so die Orientierung auf dem Weg zur Haltestelle und im Bus erleichtert bzw. ermöglicht. Durch diese verbesserten Informationen wird zudem das Sicherheitsgefühl gesteigert. Das BusNavi ermöglicht es jedem Einzelnen, selbstständiger und v.a. unabhängiger im ÖPNV unterwegs zu sein.

 

Bus.Hör.Stellen

Ein anderes Teilprojekt aus dem Bereich Fahrgastinformation realisiert die VKU in Kooperation mit der Telekom unter der Bezeichnung Bus.Hör.Stelle.

Der Kreis Unna gehört zum Ballungsrandgebiet des Ruhrgebiets und ist vergleichsweise eher ländlich strukturiert. Das heißt, es gibt zwar Knotenpunkte, die mit Anlagen der dynamischen Fahrgastinformation und Text-to-Speech ausgerüstet sind, für die meisten Haltestellen ist dies aber nicht finanzierbar. Wenn an Haltestellen mehrere Linien zusammenkommen, wird es für sehbehinderte und blinde Menschen, aber auch für Menschen, die nicht gut lesen können oder die deutsche Sprache nicht gut beherrschen, schnell unübersichtlich.

An sechs Standorten wurden deshalb Basistelefone der Telekom aufgestellt. Diese sind zwar mit öffentlicher Telefonie und Notruffunktionalität ausgerüstet, im Vordergrund steht jedoch die Fahrgastinformation. Die Bus.Hör.Stelle ist farblich auffallend gestaltet und mit zwei Direktwahltasten ausgerüstet. Bei der Bedienung der einen bekommt der Fahrgast die nächsten Abfahrten angesagt. Mit dem Drücken der anderen Direktwahltaste kann sich der Kunde mit dem „sprechenden Fahrplan“ verbinden lassen, um so schon eine Weiterfahrt oder Rückfahrt in Erfahrung zu bringen.

 

Induktive T-Schleifen-Anlagen

Für Menschen mit Hörgeräten ist die Verständigung in kleinen, lauten Räumen nicht einfach. Durch die Ausrüstung der zwei Service-Center der VKU mit mobilen, induktiven T-Schleifen-Anlagen, konnte den hörbeeinträchtigten Menschen mit wenig Aufwand effektiv geholfen werden. Bei Nutzung einer T-Schleifen-Anlage wird die Sprache vom Mikrofon über einen Spezialverstärker direkt in die Induktionsschleife (auch Ringschleife genannt) eingespeist. Empfänger für die von der Ringschleife abgestrahlten Signale ist die T-Spule im Hörgerät/Cochlea Implantat (CI). Das Hörgerät/CI muss lediglich in T-Stellung gebracht werden. Stör- und Nebengeräusche werden dann weitgehend eliminiert. Dem Schwerhörigen wird ein optimales Signal angeboten, aus dem er sich die für ihn wahrnehmbaren Anteile herausfiltern kann. Das gute Verstehen wird dadurch wesentlich erleichtert.

 

Informationsvernetzung

Vernetzung mit Wheelmap.org (ein Projekt der Sozialhelden e.V., siehe: wheelmap.org):

Nicht alle Haltestellen sind mit Hochboards ausgestattet bzw. es stehen zu wenige Informationen über Barrierefreiheit an den Bushaltestellen zur Verfügung. Aus diesem Grund ist ein wesentlicher Baustein des Projekts Informationen über Erreichbarkeit und Nutzbarkeit von Haltestellen  besser zugänglich zu machen. Hierzu hat die VKU ihre Haltestellen auf der Internetplattform Wheelmap.org. eintragen lassen. Nachdem diesdurchgeführt war, mussten die Haltestellen noch bewertet werden. Um auch hier Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen, hat das Projekt flächendeckende Aufrufe in der Presse gestartet, die von ihnen genutzten Haltestellen selbst zu bewerten.

Gleichzeitig werden die Haltestellen und Linien durch das Projekt beurteilt. Hierfür sind „inklusive Teams“ bestehend aus einer/m Rollstuhlfahrer/in und eine/r/m „Läufer/in“ unterwegs. Diese Teams fahren die Linien ab und überprüfen jede Haltestelle auf Barrierefreiheit. Dabei achten die Teams nicht nur auf Hochboards, sondern auch darauf, wie hoch Fahrpläne angebracht sind, ob die Haltestellen barrierefrei erreichbar sind und ob Straßenquerungsmöglichkeiten vorhanden sind.

Die Ergebnisse der Kategorisierung der Bushaltestellen werden detailliert, mit Fotos, bei wheelmap.org eingetragen, sodass jede/r Rollstuhlfahrer/in anhand der Beschreibung und der Bilder selbst entscheiden kann, ob eine Haltestelle für sie/ihn nutzbar ist oder nicht.

Die Ergebnisse der Bewertungen werden zudem an die zuständigen Kommunen weitergegeben, um diesen die Schwachpunkte und dadurch Hinweise für Umbaumaßnahmen mitzuteilen.

 

B Busausstattung

Die bisher bei der VKU üblichen grauen Haltestangen erschwerten für sehbehinderte Menschen die Orientierung im Bus, deshalb wurden die Neufahrzeuge mit gelben Haltestangen ausgestattet. Gelb-schwarze Türmarkierungen sorgen außerdem für eine bessere Orientierung beim Einstieg in den Bus. Zudem sind die Busse mit einem zweiten Monitor gegen die Fahrtrichtung ausgestattet, sodass auch mobilitätsbeeinträchtigte Fahrgäste, die sich mit ihrem Rollstuhl gegen die Fahrtrichtung platzieren müssen, diese einsehen können.

 

C Sicherheitstraining / Bustraining

Im Rahmen des Projekts werden des weiteren Busschulen und Sicherheitstrainings angeboten. Neben den standardmäßigen Inhalten wie Sicherheitseinrichtungen, tote Winkel und Gefahrenbremsung gibt es eine ganze Reihe spezieller Themen für die unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Für Rollstuhlfahrer/innen ist es eminent wichtig zu erfahren, wie man in den Bus hinein und wieder hinaus kommt, wo man den Rollstuhl abstellt oder sich im Rollstuhl sicher platziert. Blinde und sehbehinderte Menschen dagegen nutzen die Chance, den Bus einmal in Ruhe begreifen (ertasten) zu können. Bei kognitiv eingeschränkten Menschen wird jede Schulung an die Teilnehmenden angepasst.

 

D Akzeptanz und Toleranz – Sensibilisierung Fahrpersonal & Fahrgäste

Der am schwierigsten zu bewältigende und der komplexeste Aspekt zum Thema Barrierefreiheit findet in den Köpfen statt: In den Köpfen der beeinträchtigten Menschen, die sich zutrauen den ÖPNV zu nutzen, in den Köpfen des Personals, das hilfsbereit und offen bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite stehen muss, und nicht zuletzt in den Köpfen der anderen Fahrgäste, die beeinträchtigte Menschen nicht als beeinträchtigend wahrnehmen sollen. Um diesen Prozess der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz in Gang zu setzen, bedarf es vieler, kleiner Schritte. Im Rahmen des Projekts werden hier bereits mehrere Ansätze verfolgt, wie:

 

Mitarbeiterknigge

Bei vielen Menschen herrscht beim Umgang mit beeinträchtigten Menschen, insbesondere mit der Verschiedenheit und mit der „Anders-Artigkeit“ Verunsicherung. Der Deutsche Knigge-Rat hat zu diesem Thema, gemeinsam mit der Inklusionsexpertin des Wohlfahrtsverbandes in Hessen, Katja Lüke, einen Katalog zum respektvollen Umgang mit beeinträchtigten Menschen erstellt. Die VKU hat diesen Katalog zur Grundlage genommen und eine Mitarbeiterinformation daraus erarbeitet, die dabei unterstützen soll, Unsicherheiten und Tabus beim Personal abzubauen. Das Thema wird regelmäßig in Fahrdienstgesprächen aufgegriffen. Darüber hinaus organisiert die VKU Treffen zwischen Fahrern und Beeinträchtigten. Hier nehmen Fahrer/innen an Gruppensitzungen verschiedener Vereine und Selbsthilfegruppen teil, um gegenseitiges Verständnis füreinander zu wecken.

 

Plakataktion

Mit einer Plakat- und Postkartenaktion werden außerdem alle Fahrgäste in den VKU-Bussen angesprochen. Ziel ist es, für das Thema Toleranz zu werben und zum Nachdenken anzuregen. Die Aktion ist eine Kooperation mit der Lebenshilfe e.V. im Kreis Unna. Auch auf den Monitoren in den Bussen sind zwischen den Haltestellenanzeigen Porträts von beeinträchtigten Menschen zu sehen. Die Porträts sind mit Aufforderungen wie „zurück lächeln“ oder „daneben setzen“ versehen. Übertitelt ist das Ganze mit dem Slogan „Üben Sie mal Toleranz“. Die gezeigten Motive liegen als Postkarten zum Mitnehmen im Bus aus.

Darüber hinaus werden schon seit Anfang 2014 die Haltestellenansagen mehrerer Linien von beeinträchtigten Teilnehmer/inne/n der Arbeitsgruppen gesprochen. Bevorzugt wurden hierfür Linien ausgesucht, die von den Betroffenen regelmäßig genutzt werden. Auch dieser Baustein wird durch ein Plakat und auf den TFT-Monitoren begleitet. Unter dem Motto „Wer ist denn schon normal?“ soll hiermit verdeutlicht werden, dass jeder im Stande ist, etwas für andere zu leisten.

 

Aktion Winterdienst

Ebenso wurde eine „Schnee-Hotline“ (Tel. 0 23 07 / 209-68) eingerichtet, an die man sich wenden kann, wenn Gehsteige und insbesondere Haltestellen nicht von Schnee befreit sind.

Im Winter können Rollstuhl- und Rollatornutzer/innen selbst bei barrierefreien Haltestellen an ihre Grenzen stoßen, speziell wenn es geschneit hat und die Haltestelle nicht oder nur unzureichend geräumt ist. Selbstverständlich kann ein Verkehrsunternehmen nicht den Räumdienst übernehmen. Allerdings wissen viele räumpflichtige Anwohner gar nicht, dass sie auch für die Haltestellen zuständig sind. Hier versucht die VKU zu vermitteln und hat diese Hotline eingerichtet, die von Kund/inn/en kontaktiert werden kann, wenn ihre Haltestellen nicht geräumt wurde. Die VKU nimmt dann Kontakt zu den Verantwortlichen auf. Ziel ist es, die Anwohner/innen einerseits über den Umfang ihrer Räumpflicht aufzuklären, aber andererseits auch aufzuzeigen, welche Probleme bei beeinträchtigten Menschen aus der Nachbarschaft auftreten, wenn unzureichend geräumt wird. Sollten diese Bemühungen fruchtlos sein, bleibt der VKU nur eine Meldung an die Ordnungsämter. Über Aufklärung, Flyer und Plakate soll langfristig ein Umdenken bei den Anwohnern herbeigeführt werden. Gleichzeitig vermittelt die VKU den Betroffenen das Gefühl, nicht mit ihren Problemen alleine gelassen zu werden.

In all diesen Teilprojekten wird kontinuierlich mit Betroffenen zusammengearbeitet. Die verschiedenen Gruppen werden in Problemlösungen und Aktionen miteingebunden und vor der Umsetzung von Maßnahmen über Effektivität oder Modifizierungsmöglichkeiten befragt. So prüfen z.B. Teilnehmenden der Alphabetisierungskurse und kognitiv eingeschränkte Menschen die Verständlichkeit der Flyer in Leichter Sprache und Vertreter des Blinden- und Sehbehindertenvereins haben bei der Gestaltung von Bustürmarkierungen mitgearbeitet.

Die Projektteilnehmer/innen und alle Interessierten werden in unregelmäßigen Abständen durch einen Newsletter über die Fortschritte im Projekt informiert.

Bisher fand jährlich ein großer Workshop mit allen Interessierten statt, auf dem der aktuelle Stand vorgestellt wurde. Ansonsten finden die Workshops in kleineren Gruppen, spontan nach Bedarf statt.

Beteiligte und Netzwerke

Die federführende Verantwortung trägt die VKU.

Durch die verschiedenen Bausteinen / Teilprojekten bestehen Kooperationen mit Behindertenverbänden, Vereinen, Förderschulen, Behindertenbeiräte und Selbsthilfegruppen.

 

Konkrete Partner sind:

  • Volkshochschulen im Kreis Unna (VHS-Kursen für Menschen mit Schreib- und Leseschwächen)

  • Blinden- und Sehbehindertenverein Kreis Unna

  • verschiedene Einrichtungen für Menschen mit Lernschswierigkeiten

  • Lebenshilfe e.V. Unna

  • Fachagentur „Leicht gesagt – Agentur für leichte Sprache“

  • Telekom

  • Wheelmap.org – Sozialhelden

 

Das Projekt zielt insgesamt auf eine enge Zusammenarbeit mit den Betroffenen und den Multiplikator/inn/en aus den Behindertenverbänden und Selbsthilfegruppen.

Es werden Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungsformen beteiligt; insgesamt soll das Projekt auch alle Personengruppen ansprechen, steht für alle offen und bürgerschaftliches Engagement ermöglichen.

Es gibt kein zusätzliches hauptamtliches Personal, nur die Projektleiterin Frau Freudenreich ist hauptamtlich beschäftigt.

Das Projekt ist über die Inklusionsbeauftragte des Kreises Unna und die K.I.S.S. (Kontakt- und Informations Stelle für Selbsthilfegruppen des Kreises Unna) in die Strukturen der Selbsthilfegruppen im Kreis Unna eingebunden. Zudem findet im Rahmen des Projektes eine enge Zusammenarbeit mit den Behindertenbeiräten der Kommunen statt und ein eigenes Netzwerk wurde aufgebaut.

Finanzierung und Ausstattung

Finanziert wird das Projekt aus Mitteln der ÖPNV-Landespauschale.

Als Ressource können hier insbesondere die enge Zusammenarbeit und die bestehenden Kooperationen mit den örtlichen Akteuren im Kreis Unna gesehen werden. Die Anregungen und Perspektiven der verschiedenen beteiligten Personengruppen sind gewinnbringend und fördern die Weiterentwicklung des Projekts.

Projektablauf und zeitliche Rahmung

Seit 2010 gibt es das Projekt „NimmBus“ und seit 2013 wurde eine auf drei Jahre geförderte Personalstelle für das Folgeprojekt „JederBus“ eingerichtet.

Es konnten bereits einige Teilprojekte umgesetzt werden:

  • Alle Busse sind mit gelb-schwarzen Türmarkierungen ausgerüstet.

  • In den VKU-Bussen läuft weiterhin die Haltestellenansage-Aktion „Wer ist denn schon normal?“

  • Die neuen Busse sind mit einem zweiten Monitor entgegen der Fahrtrichtung ausgerüstet.

  • Die neuen Busse haben gelbe Haltestangen.

  • Mittlerweile sind vier Flyer in Leichter Sprache ausgelegt worden.

  • Die VKU hat auf verschiedenen Linien das Kategorisieren und Eintragen von Haltestelle bei wheelmap.org übernommen. Fast 400 Haltestellen wurden bewertet.

  • Sechs Haltestellen wurden mit Bus.Hör.Stellen ausgerüstet. Mindestens weitere sechs sollen 2015 folgen.

  • Über 30 Sicherheitstrainings und Busschulen sind durchgeführt worden.

  • In den Bussen der VKU wird eine Plakat- und Postkartenaktion zum Thema Toleranz durchgeführt.

  • Ein vom Projekt erstellter Leitfaden mit Tipps zum Umgang mit beeinträchtigtem Menschen ist an alle Mitarbeiter der VKU und an alle Fahrer der Subunternehmer verteilt worden.

  • Alle Busse der VKU und auch die, die im Auftrag der VKU fahren, sind mit BusAccess ausgerüstet.

  • Die ServiceCenter sind mit induktiven Hörschleifen-Anlagen ausgerüstet.

  • Weitere Aktionen zum Thema Akzeptanz und Toleranz sind in Planung.

  • Die Umgestaltung des Liniennetzplans wird zum Fahrplanwechsel Anfang 2016 in Lünen angestrebt.

Eine Fragebogenerhebung 2014 ergab bzw. zeigte ein deutliches Potential zur Steigerung der ÖPNV-Nutzung von mobilitätseingeschränkten Menschen und Senior/inn/en. Dieses Ergebnis bildete die Grundlage für einen erneuten Workshop, wo neue Anregungen gegeben werden können.

Bezüglich der Einbindung der Öffentlichkeit wurde bereits zu Beginn eine Vielzahl an unterschiedlichen Akteur/inn/en wie Behindertenverbände, Selbsthilfegruppen und Betroffene selbst angeschrieben. Diese wurden um Mithilfe gebeten, um das weitere Vorgehen miteinander abzustimmen und um Kompromisse bei möglichen Zielkonflikten durch die verschiedenen Bedarfe und Anforderungen zu finden. Hierzu wurden unterschiedliche Arbeitsgruppen gebildet, da es, wie bereits angeklungen, unterschiedliche Behinderungsformen gibt und demnach sich ganz unterschiedliche Bedarfe ergeben. Die Arbeitsgruppen erarbeiteten gemeinsam Lösungsvorschläge und eine Prioritätenliste hinsichtlich der Beseitigung von Hindernissen bei der ÖPNV-Nutzung.

Im April 2014 wurden die erarbeiteten Ergebnisse und die bis dahin realisierten Veränderungen und Maßnahmen (weitere Projektbausteine) in einem Workshop der Öffentlichkeit und den Multiplikator/inn/en vorgestellt.

Durch den Projektbaustein bezogen auf die Akzeptanz und Toleranz (Plakataktion, Schulungsmaßnahmen etc.) ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zentraler Bestandteil des Projektes.

Inklusive Ausrichtung des Projektes und Gemeinwesenbezug

Das Projekt richtet sich ausdrücklich und gezielt an alle; sowohl an Kinder, Jugendliche, Menschen mit Beeinträchtigungen, ältere Menschen und an Menschen mit Migrationshintergrund. Betont wird immer wieder der Nutzen von beispielsweise vereinfachten Darstellungen und Informationen für weitere Personengruppen (Barrierefreiheit als Mehrwert für alle). Zugleich wird hiermit die Verschiedenheit wertgeschätzt und es geht gezielt um den Abbau von Barrieren für verschiedene Zielgruppen.

Die Mobilitätschancen und das sichere und zugleich eigenständige Unterwegssein-Können sollen vom jungen bis ins hohe Alter gefördert und ermöglicht werden. Gleichzeitig wird hiermit die gesellschaftliche Teilhabe und die eigenständige Fortbewegung vor Ort – im öffentlichen Raum – erhöht.

Dadurch, dass eine Vielzahl an Personengruppen bei der Weiterentwicklung des Projektes / Erarbeitung der Projektbausteine angesprochen wurde, wird die Einbeziehung von verschiedenen Menschen als selbstverständlich angesehen. Die Workshops / Arbeitsgruppenphasen waren für alle offen und zugänglich. Gleichzeitig sind die Projektschritte dadurch qualitätsgesichert.

Durch die Förderung des eigenständigen Unterwegssein-Können, der Mobilitätschancen und der damit verbundenen „vermittelten“ Sicherheit können gleichzeitig Empowerment-Prozesse ermöglicht werden. Menschen mit Behinderungen, Bus- oder Ortsfremde, ältere Menschen etc. gewinnen dadurch ein (größeres) Zutrauen und nutzen stärker den ÖPNV.

Alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderungen sollen eigenständig, d.h. ohne Hilfe Dritter den ÖPNV nutzen. Die Eigenständigkeit wird auch immer wieder betont. Damit wird im besonderen Maße dem Leitbild der Selbstbestimmung Rechnung getragen.

Das Projekt leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur inklusiven Gestaltung des ÖPNV im Kreis Unna.

Nachhaltigkeit

Alle Maßnahmen des Projektes sind auf Nachhaltigkeit angelegt (Busausstattung, Veränderungen der Haltestellen, langfristiges Umdenken / Sensibilität bei Fahrgästen, Personal etc.). Um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der vom Projekt umgesetzten Maßnahmen zu überprüfen, wurde des Weiteren eine projektweite Umfrage zum Fahrverhalten durchgeführt. Gefragt wurde danach, wie häufig der Bus genutzt wird und woher Informationen zum Bus fahren beschafft werden können. Die Umfrage wird in der zweiten Jahreshälfte wiederholt werden, um herauszufinden, inwiefern sich am Fahrverhalten etwas geändert hat.

Ebenso werden Teilnehmer/innen an Schulungen vor der Schulung und ein paar Wochen danach befragt werden. Auch hier soll eruiert werden, inwieweit sich die Trainings positiv auf das persönliche Sicherheitsgefühl und das Fahrverhalten auswirken.

Die Pflicht zur Berücksichtigung der Belange von mobilitäts- oder sensorisch eingeschränkten Menschen aber auch die Zielvorgabe einer vollständigen Barrierefreiheit durch die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) wirft bei den ÖPNV-Aufgabenträgern Fragen auf.

Das Projekt „JederBus“ kann hier unterstützen. Andere Akteur/inn/e können insbesondere von der Herangehensweise (gemeinsamen Erarbeitung einer Prioritätenliste und Projektbausteine) des Projektes, dem ganzheitlichen und partizipativen Ansatz und den Ergebnissen bezüglich der Hindernisse bei der ÖPNV-Nutzung profitieren.

Das Projekt „lebt“ von bzw. entwickelt sich durch die vielen unterschiedlichen Perspektiven der Zielgruppen stets weiter.

Für eine Übertragung in anderen Regionen ist die jeweilige Verkehrsgesellschaft für die Kommune und Betroffene selbst als „Experte/n/innen für Barrierefreiheit“ zunächst zu gewinnen. Bezogen auf die unterschiedlichen Teilprojekte sind Netzwerke / Kooperationen notwendig. Bezogen auf die langfristige Wirkung und den Gewinn weiterer Fahrgäste stellt es daher einen großen Anreiz für andere Regionen dar.

Gesamteinschätzung

Die gesellschaftliche Teilhabe wird wesentlich von den Mobilitätschancen bestimmt. Es ist ein bedeutsames gesellschaftspolitisches Ziel, die Mobilitätschancen aller Menschen, einschließlich mobilitätseingeschränkter Personen oder Personen mit sonstigen Nutzungsschwierigkeiten, durch einen barrierefreien öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern.

Ein barrierefreier ÖPNV bietet mehr Komfort und Zugänglichkeit für alle Fahrgäste, unabhängig von den individuellen Bedürfnissen, temporären oder dauerhaften Behinderungen; ältere Menschen profitieren ebenso wie Personen mit Gehhilfen oder Kinderwagen (vgl. ad-hoc-AG der BAG ÖPNV 2014; allgemeine Informationen und Materialien).

Beim Projekt „Jeder Bus – Inklusion erfahren“ werden die unterschiedlichsten Maßnahmen (bezogen auf Busausstattung, Hilfen an der Haltestelle, Fahrgastinformationssysteme und Sprache, Sicherheitstrainings und Akzeptanz und Toleranz durchgeführt, um die Nutzung des ÖPNV für alle, insbesondere für Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und aus allen Altersstufen, zu verbessern und zu erleichtern. Das Projekt verfolgt durch die unterschiedlichen Umsetzungsschritte einen ganzheitlichen Ansatz und zeichnet sich durch seine partizipative Ausrichtung aus. Betroffene mit verschiedenen Behinderungsformen und Multiplikator/inn/en aus den Behindertenverbänden und Selbsthilfegruppen, Seniorenvertreter/inne/n, Vertreter/innen der Städte und Gemeinden und Vertreter/inne/n des Kreises Unna werden mit einbezogen und wirken konkret bei der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen mit.

Das Projekt leistet insgesamt einen wesentlichen Beitrag zur gleichberechtigten Nutzung des ÖPNV und wirkt gleichzeitig bewusstseinsbildend.

Einschätzung der Projektverantwortlichen

Das eigenständige Unterwegs-sein-Können als wichtiger Baustein der Selbständigkeit wird so gefördert. JederBus kann dabei helfen, Menschen mit Beeinträchtigungen, die heute noch gar nicht oder nur eingeschränkt den Bus nutzen, mobiler zu machen. Alle Lösungen werden, ebenso wie dieses innovative Vorreiterprojekt, gemeinsam mit den Betroffenen erarbeitet.

Zu Beginn des Projekts gab es bei den Betroffenen große Zweifel und Skepsis, in Bezug auf die Ernsthaftigkeit des Projekts. Viele befürchteten, dass mehr geredet als gehandelt werden könnte. Diese Skepsis konnte schnell beseitigt werden, in dem Hemmnisse offen thematisiert und ernstgenommen wurden und oft auch mit kleinen Schritten gelöst wurden (z.B. Türmarkierungen). Um diese Art der Lösungen umzusetzen war es nötig, eingefahrene Wege zu verlassen und neue Dinge zu akzeptieren. Dieser Prozess stieß zuweilen auf Bedenken, die aber immer überwunden werden konnten. Wenn angedachte Lösungen nicht umsetzbar sind, werden die Gründe den Projektteilnehmer/inne/n offengelegt. Durch das offene miteinanderreden wird auch akzeptiert, wenn nicht alles machbar ist.

Die feste Ansprechpartnerin wird als begünstigend im Projekt empfunden. Das Projekt ist so strukturiert, dass alle Interessierten und alle Aktiven sich an Frau Freudenreich wenden können.

Was die Projektverantwortlichen anderen Interessierten auf den Weg mitgeben möchten…

Es ist wichtig, Probleme ernst zu nehmen und auch nach ungewöhnlichen Lösungen zu suchen. Nach den Einschätzungen der Projektverantwortlichen ist es besser und schnell, kleine Schritte zu machen. Durch die Erfolge werden die Betroffenen die Ernsthaftigkeit des Projektes erkennen und gerne und aktiv mitarbeiten. Schon durch schnelle, kleine Umsetzungen kann etwas bewegt werden. Es lässt sich nicht alles auf einmal lösen.

allgemeine Informationen und Materialien

Allgemeine hilfreiche Literaturtipps und Internetportale rund um das Thema Barrierefreiheit im ÖPNV (Rahmenbedingungen, Rechtsgrundlagen, Finanzierungshilfen etc.): 

  • Eine sehr umfangreiche Übersicht und eine umfassende „good practice“-Sammlung zu allen Fragen der Barrierefreiheit im ÖPNV liefert das vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) herausgegebene Handbuch „Barrierefreier ÖPNV in Deutschland“, welches 2012 in einer aktualisierten Fassung erschienen ist.

  • Fachportal Nullbarriere.de – barrierefrei bauen mit nullbarriere.de. Online verfügbar unter: http://nullbarriere.de, zuletzt geprüft am 08.08.15.

  • Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Bundesarbeitsgemeinschaft ÖPNV der kommunalen Spitzenverbände (ad-hoc-AG der BAG ÖPNV) (2014): „Vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV“ . Hinweise für die ÖPNV-Aufgabenträger zum Umgang mit der Zielbestimmung des novellierten PBefG. Online verfügbar unter: http://www.kreise.de/__cms1/images/stories/themen/Verkehr/452-14%20A.pdf, zuletzt geprüft am: 08.08.15.

  • STUVA-Studie im Auftrag des Landes NRW; in Vorbereitung VDV-Mitteilung 7088 zur vollständigen Barrierefreiheit als Leitfaden für die Verkehrsunternehmen:

  • Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. (STUVA) (o.J.): Barrierefreier ÖPNV in Deutschland „Rechtlicher Rahmen, technische Standards und Empfehlungen“. Online verfügbar unter: http://www.mobiwissen.de/sites/default/files/barrierefreier_oepnv_in_deutschland.pdf, zuletzt geprüft am 08.08.15.

  • Linge, C.; Meyer, M.; Gerhard, M.: Projekt zeigt Weg zur Barrierefreiheit im ÖPNV auf. Bus verbindet – Einfach Mobil: Modellregion Kreis Soest setzt auf Navigationshilfe für blinde und sehbehinderte Fahrgäste.“ In: DER NAHVERKEHR 7-8/2014.

  • BKB Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit e. V (o.J.): Infothek: Verkehr. Online verfügbar unter:  http://www.barrierefreiheit.de/infothek_verkehr.html, zuletzt geprüft am 08.08.15.

  • Wegweiser – Barrierefrei. Personennahverkehr. Online verfügbar unter: http://www.wegweiser-barrierefreiheit.de/personennahverkehr/personennahverkehr.html, zuletzt geprüft am 08.08.15.

  • BKB Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit e. V. (2010): Broschüre: Finanzielle Förderung für einen barrierefreien Verkehrsraum in den Kommunen. Online verfügbar unter: http://www.barrierefreiheit.de/tl_files/bkb-downloads/Projekte/finanzielle_foerderung_barrierefreier_verkehrsraum/broschuere_gvfg.pdf, zuletzt geprüft am 08.08.15.

 

Ansprechpartner/in

Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH
Gaby Freudenreich
Lünener Str. 13
59174 Kamen

Tel: 02307-209 68
Email: gaby.freudenreich@vku-online.de>gaby.freudenreich@vku-online.de oder
nimmbus@vku-online.de

 

Bildrechte

Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden uns von den jeweiligen Projektverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dem Projektpartner bleiben alle Urheberrechte vorbehalten.